Die Neuregelung der deutschen Rechtschreibung
Mit der Unterzeichnung einer formellen Erklärung durch Deutschland, Österreich und die Schweiz ist am 1. Juli 1996 in Wien die Grundlage für eine neue amtliche Regelung der deutschen Rechtschreibung geschaffen worden.
Die Neuregelung stellte die erste größere Veränderung unseres orthographischen Systems seit 1901/02 dar. Ihr Hauptziel war es, mehr Systematik in die Rechtschreibung zu bringen, um sie so besser lehr-, lern- und handhabbar zu machen. Dabei brachte die Neuregelung nicht den großen Durchbruch, den manche erwartet, einige vielleicht auch befürchtet hatten. Es handelte sich um eine maßvolle Reform, mehr nicht, freilich auch nicht weniger. Immerhin lässt sich sagen, dass nun ein Weg beschritten worden ist, der das Schreiben in bestimmten Bereichen erleichtert, ohne die vertrauten Schriftbilder wesentlich zu verändern und die Lesbarkeit der Texte zu beeinträchtigen.
Das Regelwerk ist als Grundlage für die Rechtschreibung innerhalb derjenigen Einrichtungen gedacht, für die der Staat Regelungsgewalt beansprucht. Im Prinzip sind das die Schule und die staatliche Verwaltung. In der Schule durfte die neue Schreibung ab August 1996 gelehrt werden, ab August 1998 musste sie gelehrt werden. Bis zum Ende des Schuljahres 2004/05 sollten Schreibungen nach den alten Normen aber noch toleriert werden; es bestand also eine siebenjährige Übergangszeit. In der Zwischenzeit entfaltete sich allerdings einige Kritik am neuen Regelwerk, ausgehend von Journalisten des Feuilletons und einigen älteren Schriftstellern (kaum Schriftstellerinnen), aber auch einigen Linguisten. Die zuständigen Behörden der deutschsprachigen Staaten haben darum die Übergangsfrist etwas gestreckt und außerdem einen neuen "Rat für die deutsche Rechtschreibung" ins Leben gerufen, der auf Basis des Regelwerks von 2004, einer nur leicht veränderten Version der Regelung von 1996, eine revidierte Fassung des Regelwerks ausgearbeitet hat. Von den Anpassungen betroffen waren:
Diese Anpassungen sind in den folgenden Ausführungen berücksichtigt.
Die amtliche Regelung deckt den allgemeinen Wortschatz ab. Sie beansprucht damit keine Gültigkeit für die Schreibung von Wörtern, für die jeweils eine besondere staatliche Einrichtung verantwortlich ist, zum Beispiel die Schreibung von Personennamen in den Dokumenten der Standesämter, die Schreibung von Orts-, Straßen- und Flurnamen, die behördlich festgelegt wird, sowie die Schreibung von Firmen- und Produktnamen. Nicht zum Gegenstandsbereich des Regelwerks gehört ferner der besondere Wortschatz von Fachsprachen, zum Beispiel die Terminologie der Chemie. Ebenfalls nicht geregelt werden Probleme einer geschlechtsneutralen Schreibung bei Personenbezeichnungen.
Die sechs Bereiche der Rechtschreibung, die Änderungen erfahren haben, werden im Folgenden der Reihe nach vorgestellt:
Am Anfang jedes Kapitels steht eine Zusammenfassung mit den wichtigsten Neuerungen.
In einigen Bereichen lässt die amtliche Regelung mehrere Schreibungen zu. Wo unseres Erachtens eine Variante aus systematischen oder typografischen Gründen den Vorzug verdient, ist dies gesondert angegeben.
Bei den Lauten und Buchstaben, in der eigentlichen Wortschreibung also, geht die Neuregelung besonders behutsam zu Werke: Veränderungen in den vertrauten Schriftbildern stoßen bei den Lesenden schnell auf Widerstand und lassen sich politisch nur schwer durchsetzen, auch wenn sie für die Schreibenden eine echte Vereinfachung mit sich bringen würden. Die Eingriffe beschränken sich daher weitgehend darauf, die Schreibung des Wortstamms in ein und derselben Wortfamilie zu vereinheitlichen und ein entsprechend regelorientiertes Schreiben zu unterstützen.
Die wichtigsten Änderungen:
Der Buchstabe ß (Eszett, Scharf-s) wird nur noch langen und doppelten Vokalen (Selbstlauten) geschrieben, zum Beispiel Fuß, Straße, reißen; nach kurzem Vokal steht in allen Stellungen ss.
Früher | Neu |
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der Fluß, des Flusses, die Flüsse ich fasse, du faßt, er/sie faßt das ←→ daß |
der Fluss, des Flusses, die Flüsse ich fasse, du fasst, er/sie fasst das ←→ dass |
In der Schweiz bleibt es bei der durchgängigen Schreibung mit ss auch dort, wo in Deutschland und in Österreich ß steht, zum Beispiel in: Fuss, Strasse, reissen.
In den Frakturschriften wurde traditionellerweise zwischen Lang-s und Rund-s unterschieden. Diese Unterscheidung war auch die Grundlage für die frühere Eszettschreibung in Wortformen wie Fluß (das Eszett steht hier eigentlich für eine Kombination von Lang-s und Rund-s). Wenn an der Unterscheidung von Lang- und Rund-s festgehalten wird, empfiehlt sich daher die Eszettschreibung nach den früheren Regeln:
Heute wird die Frakturschrift allerdings nach angelsächsischem Muster meist nur noch als Schmuckschrift in besonderen Kontexten verwendet. Wenn hier auf die Unterscheidung von Lang-s und Rund-s verzichtet wird, empfiehlt sich die Eszettschreibung nach den neuen Regeln:
Für das Zusammentreffen dreier gleicher Buchstaben in Zusammensetzungen gab es früher besondere Regeln (mit Unterregeln für die Silbentrennung). Diese Regeln sind ersatzlos gestrichen worden. Die Schreibung ergibt sich nun logisch aus den Bestandteilen der Zusammensetzung, es werden keine Buchstaben mehr eingespart.
Früher | Neu |
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Schiffahrt Schrittempo |
Schifffahrt Schritttempo |
Wenn drei gleiche Buchstaben zusammentreffen, kann man auch den Bindestrich setzen. Wir empfehlen, von dieser Möglichkeit nur in zwei Fällen Gebrauch zu machen: 1. wenn Fehllesungen zu vermeiden sind, 2. beim Zusammentreffen dreier e bei Nomen (nicht Adjektiven), zum Beispiel: Tee-Ei, Armee-Eigentum; aber: seeerfahren, armeeeigen.
In einigen Einzelwörtern werden in Anlehnung an Schreibungen innerhalb derselben Wortfamilie die Konsonantenbuchstaben neu verdoppelt.
Früher | Neu |
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numerieren (aber: die Nummer) Tolpatsch (heute zu: toll) Stukkatur, Stukkateur (aber: der Stuck) plazieren (aber: der Platz) |
nummerieren (wie: die Nummer) Tollpatsch (wie: toll) Stuckatur, Stuckateur (wie: der Stuck) platzieren (wie: der Platz) |
Beim folgenden Einzelfall handelt es sich um einen Ausgleich innerhalb der Formen ein und desselben Wortes.
Früher | Neu |
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As (aber: des Asses, die Asse) | Ass (wie: des Asses, die Asse) |
In einigen Einzelwörtern wird in Anlehnung an andere Schreibungen innerhalb derselben Wortfamilie neu ä statt e geschrieben.
Früher | Neu |
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Bendel (trotz: Band) behende (trotz: Hand) Gemse (trotz: Gams) belemmert greulich (trotz: das Grauen) Quentchen schneuzen Stengel (trotz: Stange) überschwenglich (trotz: Überschwang) verbleuen |
Bändel (wegen: Band) behände (wegen: Hand) Gämse (wegen: Gams) belämmert (heute zu: das Lamm) gräulich (wegen: das Grauen) Quäntchen (heute zu: das Quantum) schnäuzen (heute zu: der Schnauz) Stängel (wegen: Stange) überschwänglich (wegen: Überschwang) verbläuen (heute zu: blau) |
In den folgenden beiden Fällen kann der Schreibende auf zwei Wortstämme Bezug nehmen; konsequenterweise sind zwei Schreibungen zugelassen.
Früher | Neu (Varianten) |
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aufwendig Schenke |
aufwendig (wegen: aufwenden) Schenke (wegen: einschenken) |
Neu e statt ä wird geschrieben im folgenden Fall.
Früher | Neu |
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Wächte | Wechte (gehört zu: wehen) |
Bei der Neuregelung der Rechtschreibung konnten auch einige Einzelfälle korrigiert und in bessere Übereinstimmung mit dem Prinzip der Stammschreibung gebracht werden.
Früher | Neu |
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rauh Föhn (heißer Fallwind) Zierat Roheit Alptraum selbständig |
rau Föhn (in beiden Bedeutungen) Zierrat (vgl. daneben: Unrat) Rohheit (aus: roh + heit) Albtraum, Alptraum selbstständig, selbständig |
Unverändert bleibt die unregelmäßige Form Hoheit (aus: hoch + -heit; daher eigentlich zu erwarten: Hochheit).
Die Neuregelung wollte die Anpassung von Fremdwörtern an die einheimische Schreibung vorsichtig fördern. Dabei beschränkte sie sich allerdings auf Bereiche, wo eine solche Entwicklung schon angebahnt war, und erlaubte daneben weiterhin die frühere Schreibung.
Wörter, die auf -é oder -ée enden, stammen aus dem Französischen. Hier wird in Anlehnung an frühere Anpassungen wie Frottee oder Dublee bei einigen Wörtern zusätzlich auch die deutsche Schreibung mit Doppel-e (ohne Akzent) zugelassen.
Früher | Neu (Varianten) |
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Exposé Dragée Communiqué Varieté (französisch: variété) Negligé (französisch: négligé) |
Exposé, Exposee Dragée, Dragee Communiqué Varieté, Varietee Negligé, Negligee |
Anmerkung: In Fällen wie Negligé, Necessaire, Varieté sind in der Schweiz auch Varianten üblich, die alle Akzente des Französischen beibehalten, also: Négligé, Nécessaire, Variété. Ähnliches gilt für den Bindestrich in Fällen wie: Hors-d'œuvre, Rendez-vous.
Vorbild sind hier ältere Anpassungen ans Deutsche wie Dusche, Bluse (früher Douche, Blouse).
Früher | Neu (Varianten) |
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Bravour Bouclé |
Bravour, Bravur Bouclé, Buklee |
Die Mehrzahl der Wörter auf -y richtet sich neu einheitlich nach der Einzahl, geht also auf -ys aus. In vielen Wörtern hat sich diese Schreibung schon früher durchgesetzt, zum Beispiel in: die Ponys, die Gullys. Bei französischen Fremdwörtern wird schon länger auf die Übernahme orthographischer Besonderheiten verzichtet, zum Beispiel die Niveaus (französisch: les niveaux).
Früher | Neu |
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Partys, Parties Ladys, Ladies |
Partys Ladys |
Wenn ein Wort oder eine Wendung als Zitat aus dem Englischen aufgefasst werden soll, ist die original englische Schreibung angebracht: grand old ladies.
Betroffen sind zunächst Wörter mit den Stämmen graph, phon, phot; hier hat sich in Wörtern wie Telefon, Foto, Grafik schon früh die f-Schreibung als Hauptvariante durchgesetzt (neben: Telephon, Photo, Graphik). Neu ist die f-Schreibung in allen Wörtern mit diesen Stämmen möglich.
Früher | Neu (Varianten) |
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Megaphon Geographie Biographie Paragraph |
Megaphon, Megafon Geographie, Geografie Biographie, Biografie Paragraph, Paragraf |
Wortstamm graph oder graf: Die f-Schreibung ist vorzuziehen, also: Biografie, Geografie, Polygraf, Typografie usw.
Ähnlich können nun in ein paar weiteren Wörtern ph, th und rrh durch f, t und rr ersetzt werden. Bei den Tierbezeichnungen war wohl Elefant Vorbild für die Eindeutschung (im 19. Jahrhundert noch: Elephant).
Früher | Neu (Varianten) |
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Delphin Panther Thunfisch |
Delphin, Delfin Panther, Panter Thunfisch, Tunfisch |
Katarrh Myrrhe Hämorrhoiden |
Katarrh, Katarr Myrrhe, Myrre Hämorrhoiden, Hämorriden |
Nach dem Muster von Wörtern wie finanziell (zu Finanz) und tendenziell (zu Tendenz) ist bei weiteren Wörtern die Schreibung mit z eingeführt worden.
Früher | Neu (Varianten) |
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substantiell essentiell potentiell |
substanziell (wie: Substanz), substantiell essenziell (wie: Essenz), essentiell potenziell (wie: Potenz), potentiell |
Wortformen auf -zial (-tial) und -ziell (-tiell): Wir empfehlen, die z-Schreibung anzuwenden.
Früher | Neu (Varianten) |
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Känguruh |
Känguru (wie: Gnu, Kakadu) |
Portemonnaie (franz.: porte-monnaie) |
Portemonnaie, Portmonee |
Joghurt Spaghetti |
Joghurt, Jogurt Spaghetti, Spagetti |
Schon früher eingedeutscht wurden Getto (daneben weiterhin die ältere Form: Ghetto) und Girlande (nur noch so; italienisch: ghirlanda).
Die Getrennt- und Zusammenschreibung war früher sehr uneinheitlich geregelt. Dabei lag eine besondere Schwierigkeit darin, dass man nicht selten versucht hat, die unterschiedliche Bedeutung von Verbindungen durch unterschiedliche Schreibung auszudrücken. So musste man zum Beispiel früher "wörtlichen" und "übertragenen" Gebrauch unterscheiden in Fällen wie: Er will die Kinder auseinander setzen. Er will sich mit der Sache auseinandersetzen. Auf derartige Unterscheidungen wird heute verzichtet (es gilt jetzt bei diesem Beispiel einheitlich Zusammenschreibung: auseinandersetzen), außer wenn sie mit einer deutlich anderen Betonung einhergehen, zum Beispiel: Er hat frei gesprochen (= ohne Manuskript). Der Richter hat ihn freigesprochen.
Die wichtigsten Änderungen:
Verbindungen aus Verb (Infinitiv) und Verb werden im Normalfall getrennt geschrieben.
Früher | Neu |
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kennenlernen spazierengehen bestehenbleiben sitzenbleiben (übertragen: in der Schule) fallenlassen (übertragen) |
kennen lernen spazieren gehen (wie: einkaufen gehen) bestehen bleiben sitzen bleiben fallen lassen |
Die Fassung des Regelwerks von 2006 erlaubt bei Verbindungen mit "bleiben" und "lassen" sowie beim Einzelfall "kennen lernen" die Zusammenschreibung, sofern sie im übertragen Sinn gebraucht sind. Wir empfehlen, nach der Grundregel immer getrennt zu schreiben.
Verbindungen aus Nomen und Verb schreibt man (mit Ausnahme einer geringen Anzahl von Einzelfällen) getrennt; das Nomen wird dann konsequent großgeschrieben.
Früher | Neu |
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radfahren Diät halten |
Rad fahren Diät halten |
Einzelfälle mit Zusammenschreibung: teilnehmen, wundernehmen, preisgeben, irregehen, heimgehen, kopfstehen, leidtun (und einige wenige weitere Fälle, die gewöhnlich keine Schreibprobleme verursachen).
Mit zwei Schreibungen:
Früher | Neu (Varianten) |
---|---|
achtgeben |
Acht geben / achtgeben |
Wir empfehlen, bei den letztgenannten Verbindungen die Getrenntschreibung nach der Grundregel zu wählen, vgl. etwa neben Acht geben Verbindungen wie Obacht geben, Bescheid geben, Ruhe geben, neben Maß halten Verbindungen wie Schritt halten, Abstand halten, Wort halten, Ausschau halten, neben Halt machen Verbindungen wie Platz machen, Ernst machen, Pleite machen, Schluss machen.
Fügungen mit dem Verb sein schreibt man einheitlich getrennt.
Früher | Neu |
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dasein, sie ist dagewesen; aber: als ich da war aufsein, ich bin aufgewesen; aber: da ich noch auf war |
da sein, sie ist da gewesen, als ich da war auf sein, ich bin auf gewesen, da ich noch auf war |
Das Regelwerk in der Fassung von 2006 erlaubt sowohl Getrennt- als auch Zusammenschreibung bei resultativen Objektsprädikativen (= Adjektive, die sich auf das Akkusativobjekt beziehen und ein Resultat ausdrücken): blank putzen/blankputzen, glatt hobeln/glatthobeln, klein schneiden/kleinschneiden; kalt stellen/kaltstellen. Verbindungen mit mehrteiligen Adjektiven oder Verben schreibt man allerdings immer getrennt: bewusstlos schlagen, ultramarinblau streichen, bereit erklären, klein beigeben.
Die Getrenntschreibung belässt den Adjektiven ihren Eigenwert und ist daher vorzuziehen.
In einer Anzahl von Verbindungen, die sich in der Bedeutung verselbstständigt haben, gilt nur Zusammenschreibung als korrekt, zum Beispiel: krankschreiben, freisprechen, (sich) kranklachen; festnageln (= festlegen), heimlichtun (= geheimnisvoll tun), kaltstellen (= politisch ausschalten), kürzertreten (= sich einschränken), richtigstellen (= berichtigen).
In der Praxis wird man in Zweifelsfällen im Wörterbuch nachschlagen müssen – ein wenig befriedigender Zustand. In der Schule ist daher größte Toleranz angebracht, zumal abweichende Schreibungen von den meisten Lesern kaum wahrgenommen werden.
Wenn der Bestandteil vor dem Partizip aus einer Wortgruppe verkürzt worden ist, gilt seit je Zusammenschreibung:
Sonst richtet sich die Schreibung nach dem Infinitiv. So schon früher:
Wenn der Schreibende ausdrücken will, dass er eine Verbindung als Einheit auffasst, ist aber auch Zusammenschreibung erlaubt.
Früher | Neu (Varianten) |
---|---|
ernst nehmen, wir haben den Vorschlag ernst genommen; aber: der ernstgenommene Vorschlag, ein ernstzunehmender Vorschlag |
ernst nehmen |
Fleisch fressen, aber: die fleischfressenden Tiere |
Fleisch fressen |
Außerdem ist im Positiv (in der Grundstufe) sowohl Getrennt- als auch Zusammenschreibung korrekt, wenn die Verbindung als Ganzes gesteigert werden kann.
Früher | Neu (teilweise Varianten) |
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Zeit rauben |
Zeit rauben |
Verbindungen von wie, so (ebenso, genauso), zu (allzu) mit Adjektiven schreibt man einheitlich getrennt.
Früher | Neu |
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wieviel soviel, ebensoviel zuviel, allzuviel allzuschwer, allzu schwer |
wie viel so viel, ebenso viel zu viel, allzu viel allzu schwer |
Wie früher gilt Zusammenschreibung, wenn eine Verbindung mit so zu einer Konjunktion (einem Bindewort) geworden ist. Sie leitet dann einen Nebensatz ein: Soviel ich weiß, wohnt Kurt in Schaffhausen. Sobald ich etwas erfahren habe, teile ich es dir mit.
Für das Adverb umso gilt neu Zusammenschreibung.
Früher | Neu |
---|---|
Je höher wir kamen, um so dichter wurde der Nebel. Um so besser! |
Je höher wir kamen, umso dichter wurde der Nebel. Umso besser! |
Fakultativ kann außerdem auch die Konjunktion sodass zusammengeschrieben werden.
Früher | Neu (Varianten) |
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Der Nebel behinderte uns, so dass wir erst gegen zehn Uhr in Brig eintrafen. |
Der Nebel behinderte uns, sodass wir erst gegen zehn Uhr in Brig eintrafen. |
Von den Grundzahlen können mit der Endung -er Ableitungen gebildet werden, zum Beispiel: zehn → der Zehner. Wenn eine solche Ableitung vor einem Nomen steht, schreibt man sie neu grundsätzlich mit dem Nomen zusammen (bei Schreibung in Ziffern: mit Bindestrich). Das war schon früher so in Verbindungen wie den folgenden:
Diese Schreibung gilt jetzt auch für Verbindungen mit Jahr. Es wird zwar immer noch auch Getrenntschreibung toleriert; im Unterschied zu früher muss dabei aber nicht mehr auf den Sinn geachtet werden.
Früher | Neu (Varianten) |
---|---|
in den Sechzigerjahren in den sechziger Jahren |
in den Sechzigerjahren |
Ableitungen von Zahlen auf -er: Wir empfehlen, einheitlich zusammenzuschreiben. Also nur noch: in den Sechzigerjahren (bei Schreibung in Ziffern mit Bindestrich: in den 60er-Jahren).
Verbindungen mit irgend werden einheitlich zusammengeschrieben.
Früher | Neu |
---|---|
irgend jemand irgend etwas |
irgendjemand irgendetwas |
Bei mehrteiligen Verbindungen aus dem Englischen herrschte früher ein gewisses Durcheinander nicht nur in der Getrennt- und Zusammenschreibung, sondern auch in der Groß- und Kleinschreibung. Das hatte nicht zuletzt auch damit zu tun, dass die Schreibung schon in der Herkunftssprache nicht immer einheitlich gehandhabt wird. Neu gilt:
Früher | Neu (Varianten) |
---|---|
Pokerface |
Pokerface, Poker-Face |
Bluejeans, Blue jeans |
Bluejeans, Blue Jeans |
Countdown |
Count-down, Countdown |
Feste mehrteilige Verbindungen aus dem Englischen: In den Fallgruppen 1 und 2 wird die Zusammenschreibung favorisiert (vor allem, wenn die einzelnen Wortteile aus je nur einer Silbe bestehen), in Fallgruppe 3 die Schreibung mit Bindestrich.
Der Bindestrich steht im Innern von Zusammensetzungen. Er gliedert an Stellen, die unübersichtlich sind, und er bindet die Bestandteile der Zusammensetzung zu einer Wortform zusammen. Die Neuregelung systematisiert die Verwendung des Bindestrichs und eröffnet zugleich dem Schreibenden eine größere Freiheit.
Die wichtigsten Änderungen:
Hinweise:
Zweiteilige Zusammensetzungen mit Ziffern schreibt man mit Bindestrich. Muster sind hier dreiteilige Zusammensetzungen wie 12-Meilen-Zone, 40-Stunden-Woche, in denen schon früher der Bindestrich stand.
Früher | Neu |
---|---|
40tonner 8zylinder 17jährig, eine 17jährige 99prozentig |
40-Tonner 8-Zylinder 17-jährig, eine 17-Jährige 99-prozentig |
Zwei Schreibungen, da nicht eindeutig als Zusammensetzung oder Ableitung bestimmbar:
Früher | Neu (Varianten) |
---|---|
8fach |
8-fach, 8fach |
Die Variante 8-fach mit Bindestrich dürfte besser lesbar sein. Daneben ist selbstverständlich auch die Schreibung in Buchstaben möglich, zumindest bei kurzen Zahlen: achtfach.
Bei einzelnen Wörtern war früher im Wörterbuch festgelegt, ob sie mit dem hervorhebenden Bindestrich geschrieben werden oder nicht. Die Neuregelung arbeitet hier mit Varianten.
Früher | Neu (Varianten) |
---|---|
Ichform Ich-Erzähler |
Ich-Form, Ichform Ich-Erzähler, Icherzähler |
Großschreibung gilt im Deutschen in vier Bereichen:
Am umstrittensten war der zweite Bereich. Die Fachexperten hatten hier deutlich für die Einführung der Kleinschreibung plädiert. Auf der politischen Ebene freilich hatten entsprechende Vorschläge in keinem der beteiligten Länder eine Chance: Die Entscheidung ist hier zugunsten einer vereinfachten ("modifizierten") Großschreibung gefallen.
Die wichtigsten Änderungen:
Bei der Großschreibung am Satzanfang gab es eigentlich nur einen Problemfall: Wenn auf einen Doppelpunkt ein ganzer Satz folgte, musste man unterscheiden, ob der Satz vom vorangehenden angekündigt war (Großschreibung) oder ob er eine Zusammenfassung oder eine Folgerung ausdrückte (Kleinschreibung). Diese nicht wirklich handhabbare Unterscheidung ist aufgegeben worden. Heute gilt: Wenn auf einen Doppelpunkt ein ganzer Satz folgt, kann man ihn groß oder klein schreiben.
Früher | Neu (Varianten) |
---|---|
Zufrieden schaute er in den Garten: alles wuchs und gedieh. |
Zufrieden schaute er in den Garten: Alles wuchs und gedieh. |
Weitere Veränderungen gibt es in diesem Bereich nicht. Man schreibt weiterhin immer groß, wenn eine direkte Rede folgt:
Und man schreibt weiterhin klein, wenn nicht ein Satz, sondern nur eine Aufzählung, eine Wortgruppe oder ein Einzelwort folgt:
Bei Nomen (Substantiven) in festen Wendungen mit Verben richtet sich die Schreibung konsequenter als früher nach dem Grundsatz: Bei Getrenntschreibung groß, bei Zusammenschreibung klein. Muster:
Früher | Neu |
---|---|
Angst haben außer acht lassen radfahren |
Angst haben außer Acht lassen Rad fahren |
Wo die Wortart nicht eindeutig festgestellt werden kann, ist die Schreibung freigegeben:
Früher | Neu (Varianz) |
---|---|
recht haben |
Recht haben / recht haben |
Wenn die Wendung eine Präposition wie in, mit, von, zu enthält, kann man teilweise auch zusammenschreiben.
Früher | Neu (teilweise Varianten) |
---|---|
in bezug auf zugunsten instand stellen |
in Bezug auf zu Gunsten, zugunsten in Stand stellen, instand stellen |
Wortformen wie angst, bange, feind, gram, klasse, leid, pleite, schuld, spitze werden in Wendungen mit den Verben sein, werden oder bleiben als eine Art Adjektive angesehen. Man schreibt daher weiterhin klein (und getrennt):
Tageszeiten auch nach den Adverbien vorgestern, gestern, heute, morgen, übermorgen werden großgeschrieben. Man kann diese Fügungen als Verkürzungen auffassen: gestern Abend = gestern am Abend; heute Nacht = heute in der Nacht.
Früher | Neu |
---|---|
gestern abend heute nacht übermorgen mittag |
gestern Abend heute Nacht übermorgen Mittag |
Nominalisierte Adjektive wurden schon früher wie jede andere Nominalisierung grundsätzlich großgeschrieben (= Grundregel); sie wurden aber kleingeschrieben, wenn sie zusammen mit einem Verb eine feste Wendung bildeten, deren Gesamtbedeutung nicht ohne Weiteres aus ihren Einzelwörtern abgeleitet werden konnte. Dabei wurde die unterscheidende Schreibung nie streng durchgehalten; so sahen die Wörterbücher für Wendungen wie ins Schwarze treffen Großschreibung auch bei übertragenem Gebrauch vor. Das neue Regelwerk kennt hier nur noch Großschreibung nach der Grundregel für Nominalisierungen.
Früher | Neu |
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auf dem Trockenen sitzen (wörtlich) im Dunkeln tappen (wörtlich) es ist das Beste, was ich kenne |
auf dem Trockenen sitzen im Dunkeln tappen es ist das Beste, was … / wenn … |
den kürzeren ziehen ins reine schreiben auf dem laufenden sein |
den Kürzeren ziehen ins Reine schreiben auf dem Laufenden sein |
Eine ähnliche Regelung galt früher auch für freier verwendbare feste adverbiale Wendungen mit nominalisierten Adjektiven. Das neue Regelwerk schreibt auch hier Großschreibung vor – früher wurde teils klein-, teils großgeschrieben.
Früher | Neu |
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im Freien, im verborgenen im Folgenden / im folgenden im allgemeinen nicht im geringsten sich des Näheren entsinnen |
im Freien, im Verborgenen im Folgenden im Allgemeinen nicht im Geringsten sich des Näheren entsinnen |
Bei festen Wendungen mit einer reinen Präposition (ohne Artikel) ist die Schreibung freigegeben. Die von der Grundregel abweichende Kleinschreibung kann der Nähe zu Verbindungen wie von fern, bis später begründet werden.
Früher | Neu (Varianten) |
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binnen kurzem, vor kurzem, seit kurzem; seit langem, vor langem, seit längerem, vor längerem; von nahem; von neuem, seit neuestem; von weitem, bei weitem, bis auf weiteres, ohne weiteres |
binnen Kurzem, vor Kurzem, seit Kurzem; seit Langem, vor Langem, seit Längerem, vor Längerem; von Nahem; von Neuem, seit Neuestem; von Weitem, bei Weitem, bis auf Weiteres, ohne Weiteres binnen kurzem, vor kurzem, seit kurzem; seit langem, vor langem, seit längerem, vor längerem; von nahem; von neuem, seit neuestem; von weitem, bei weitem, bis auf weiteres, ohne weiteres |
Verbindungen des Typs von Neuem, ohne Weiteres: Die Großschreibung nach der Grundregel ist vorzuziehen.
Weiterhin kleingeschrieben werden der Superlativ (die Höchststufe) mit am, wenn man mit Wie? danach fragen kann. Der Superlativ bildet eine regelhafte Formenreihe mit anderen Vergleichsformen:
Sonst gilt die Grundregel für nominalisierte Adjektive (siehe auch den vorangehenden Abschnitt).
Früher | Neu |
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es ist am besten, wenn du gehst nicht im geringsten zum Besten wenden |
es ist am besten, wenn du gehst nicht im Geringsten zum Besten wenden |
Bei Wendungen mit aufs wird in Anlehnung an die Superlative mit am weiterhin die Kleinschreibung toleriert.
Früher | Neu (Varianten) |
---|---|
sich aufs beste unterhalten |
sich aufs Beste unterhalten |
Superlative mit aufs: Die Großschreibung nach der Grundregel ist vorzuziehen.
Ordnungszahlen sind Adjektive. Man wendet hier daher neu konsequent die Grundregeln für nominalisierte Adjektive an.
Früher | Neu |
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Jeder fünfte leidet unter diesem Virus. Die nächste, bitte! Sie war die erste, die die Lösung hatte. |
Jeder Fünfte leidet unter diesem Virus. Die Nächste, bitte! Sie war die Erste, die die Lösung hatte. |
Wenn ein Adjektiv eine unbestimmte Menge angibt, spricht man von einem unbestimmten Zahladjektiv. Für solche Adjektive gelten jetzt die gleichen Regeln wie für alle anderen Adjektive. Wenn sie nominalisiert sind, schreibt man sie daher groß.
Früher | Neu |
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Ich muss noch verschiedenes erledigen. Alles übrige erledige ich morgen. Sie sagte das gleiche. Merke dir folgendes: … Ich habe noch nie derartiges erlebt. |
Ich muss noch Verschiedenes erledigen. Alles Übrige erledige ich morgen. Sie sagte das Gleiche. Merke dir Folgendes: … Ich habe noch nie Derartiges erlebt. |
Es bleibt allerdings eine Vierergruppe übrig, die man weiterhin kleinschreibt:
Kleinschreibung gilt auch für die zugehörigen Steigerungsformen:
Wenn bei diesen Adjektiven die substantivische Verwendung hervorgehoben werden soll, darf man sie aber neu auch großschreiben.
Früher | Neu (Varianten) |
---|---|
Sie strebte etwas ganz anderes an. |
Sie strebte etwas ganz anderes an. |
Weiterhin kleingeschrieben werden alle Indefinitpronomen: etwas, nichts, alle, einige, manche …
Endungslose Sprachbezeichnungen werden auch in Fügungen mit Präpositionen großgeschrieben.
Früher | Neu |
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sich auf französisch unterhalten |
sich auf Französisch unterhalten |
Paarformeln mit Adjektiven zur Bezeichnung von Personen werden einheitlich großgeschrieben; es wird nicht mehr zwischen deklinierten und nichtdeklinierten Adjektiven sowie zwischen wörtlicher und übertragener Bedeutung unterschieden.
Früher | Neu |
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Die Einladung richtet sich an jung und alt (gemeint: jedermann). Die Einladung richtet sich an Jung und Alt (wörtlich: an die junge und an die ältere Generation). Die Einladung richtet sich an Junge und Alte. |
Die Einladung richtet sich an Jung und Alt. Die Einladung richtet sich an Jung und Alt Die Einladung richtet sich an Junge und Alte. |
Die Großschreibung mehrteiliger Eigennamen hatte sich in der früheren Regelung sehr weit in Richtung einer Großschreibung auch der festen Begriffe ausgeweitet, die keine Eigennamen sind. Sie wurde allerdings nicht einheitlich gehandhabt. Neu wird hier das Adjektiv grundsätzlich kleingeschrieben.
Früher | Neu |
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die schwarze Liste die schwarze Messe der erste Spatenstich |
die schwarze Liste die schwarze Messe der erste Spatenstich |
Weiterhin großgeschrieben werden drei gut abgrenzbare Fallgruppen:
Das Regelwerk von 2006 lässt die Großschreibung in einer Anzahl Verbindungen als Variante zu, zum Beispiel: das Schwarze Brett (= Anschlagtafel), der Weiße Tod (= Lawinentod), die Gelbe Karte, der Goldene Schnitt, die Kleine Anfrage, die Erste Hilfe. Wir empfehlen hier mit Nachdruck die Kleinschreibung nach der Grundregel.
Bei Ableitungen von Personennamen auf -isch und -sch musste man früher unterscheiden, ob eine persönliche Zugehörigkeit oder Leistung vorliegt (Großschreibung) oder eine bloße Benennung nach der betreffenden Person (Kleinschreibung). Da es sich um Adjektive handelt, wird jetzt grundsätzlich kleingeschrieben. Großschreibung tritt nur noch auf, wenn der Personenname mit dem Apostroph hervorgehoben wird (siehe E 4.3).
Früher | Neu (Varianten) |
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der ohmsche Widerstand (Benennung)
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der ohmsche Widerstand das ohmsche Gesetz |
Großschreibung gilt nur noch für die Anrede Sie, und zwar wegen der Gefahr der Verwechslung mit dem referierenden sie, vgl. zum Beispiel mit unterschiedlicher Bedeutung: Kennen Sie sie? Kennen sie Sie? – Entsprechend auch:
Für du und ihr ist (wie in allen anderen europäischen Sprachen) Kleinschreibung der Normalfall.
Früher | Neu |
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Lieber Ernst, herzlichen Dank für Dein Foto, auf dem Du und Deine Schwester zusammen mit Euren Kollegen abgebildet seid … |
Lieber Ernst, herzlichen Dank für dein Foto, auf dem du und deine Schwester zusammen mit euren Kollegen abgebildet seid … |
Das Regelwerk in der Fassung von 2006 lässt die Großschreibung von du und ihr in Briefen (nur in Briefen!) als Variante zu. Wir empfehlen, die Großschreibung höchstens in Briefen an ältere Personen zu verwenden, die sich nicht recht an die neuen Schreibungen gewöhnen können.
Die Zeichensetzungsregeln des Deutschen sind viel logischer, als viele meinen. Bei der Neuregelung haben denn auch nur vier Bereiche Änderungen erfahren. Die Neuregelung zielt hier darauf ab, die früheren Regeln zu vereinfachen und vor allem auch – wo sinnvoll – dem Schreibenden etwas mehr Freiheit zu gewähren. Insgesamt greift jedoch die Neuregelung in die alte Ordnung nur sehr behutsam ein.
Diewichtigsten Änderungen:
Hauptsätze, die durch und oder oder miteinander verbunden sind, müssen nicht mehr durch ein Komma voneinander getrennt werden. Ein Komma darf aber weiterhin gesetzt werden, etwa um den Aufbau des Satzes deutlich zu machen.
Früher | Neu (Varianten) |
---|---|
Hanna liest in einem Buch, und Robert löst ein Kreuzworträtsel. |
Hanna liest in einem Buch und Robert löst ein Kreuzworträtsel. |
Nichts geändert hat sich am Grundsatz, dass das Komma am Ende eines Nebensatzes oder eines Nachtrags auch vor und, oder nicht fehlen darf:
Die Freigabe des Kommas bei und, oder darf nicht mit dessen Abschaffung verwechselt werden. Beim Schreiben und beim Redigieren soll auch in Zukunft von der Möglichkeit Gebrauch gemacht werden, zwischen Hauptsätzen, die mit und, oder verbunden sind, ein Komma zu setzen.
Zwischen Nebensätzen gleichen Grades, die mit und, oder verbunden sind, wird weiterhin kein Komma gesetzt.
Bei Infinitivgruppen ist das Komma nur noch in den folgenden Konstruktionsweisen obligatorisch:
Sonst muss bei Infinitivgruppen kein Komma mehr gesetzt werden. Es kann aber gesetzt werden, wenn man die Gliederung des Satzes deutlich machen will.
Früher | Neu (Varianten) |
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Sie hatte geplant, ins Kino zu gehen. |
Sie hatte geplant ins Kino zu gehen. |
Wenn man eine eingeschobene Infinitivgruppe mit Komma abtrennen will, muss man am Anfang und am Ende der Infinitivgruppe ein Komma setzen. Man setzt also zwei Kommas oder keines:
Früher | Neu (Varianten) |
---|---|
Sie bat mich, im Sessel Platz zu nehmen, und holte die Unterlagen. |
Sie bat mich im Sessel Platz zu nehmen und holte die Unterlagen. |
Die Freizone bei der Kommasetzung von Infinitivgruppen ist eigentlich eine Einladung, das Komma in passenden Kontexten nach stilistischen Gesichtspunkten weiterhin zu setzen. Gerade im Medienbereich (Zeitungen, Verlage) wird diese Freizone allerdings auch als Belastung empfunden. Wenn hier "hausintern" eine rigidere Lösung angestrebt wird, empfiehlt sich die hier angegebene Regelung.
Auch bei Partizipgruppen muss grundsätzlich kein Komma mehr gesetzt werden. Man kann aber Kommas setzen, wenn man die Gliederung des Satzes deutlich machen will.
Früher | Neu (Varianten) |
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Vom Regen ganz durchnässt, kam er herauf. |
Vom Regen ganz durchnässt kam er herauf. |
Auf eine gute Idee hoffend, nagte er an seinem Bleistift. |
Auf eine gute Idee hoffend nagte er an seinem Bleistift. |
Wenn man eine eingeschobene Partizipgruppe mit Komma abtrennen will, muss man am Anfang und am Ende der Partizipgruppe ein Komma setzen.
Früher | Neu (Varianten) |
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Er kam, vom Regen ganz durchnässt, herauf. |
Er kam vom Regen ganz durchnässt herauf. |
Wie früher wird die Partizipgruppe obligatorisch in Kommas eingeschlossen, wenn sie einem Nomen unmittelbar als Zusatz folgt:
Wenn einer direkten Rede der Kommentarsatz folgt, wird einheitlich ein Komma gesetzt.
Früher | Neu |
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"Ich komme mit", sagte sie. "Komm auch mit!" rief sie. "Kommst du auch mit?" fragte sie. |
"Ich komme mit", sagte sie. "Komm auch mit!", rief sie. "Kommst du auch mit?", fragte sie. |
Entsprechendes gilt, wenn der Kommentarsatz nach der direkten Rede weitergeht.
Früher | Neu |
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Sie sagte: "Ich komme gleich wieder" und ging hinaus. |
Sie sagte: "Ich komme gleich wieder", und ging hinaus. |
Wenn am Wortende ein e weggefallen ist, setzt man gewöhnlich keinen Apostroph mehr.
Früher | Neu |
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Das glaub' ich dir. Das wär' ja auch ein Wunder! |
Das glaub ich dir. Das wär ja auch ein Wunder! |
Wenn sich die Kurzform 's für es an ein vorangehendes Wort anlehnt, ist der Apostroph fakultativ.
Früher | Neu (Varianten) |
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Wie geht's dir? Nimm's nicht so schwer! Wenn's einem schlecht geht … |
Wie gehts dir? Nimms nicht so schwer! Wenns einem schlecht geht … |
Der Gebrauch des Apostrophs als Trennzeichen vor der Endung -s des Genitivs (Wesfalls) und der Ableitungsendung -sch ist nicht mehr verboten. (Zur Groß- und Kleinschreibung bei den Ableitungen auf -sch siehe D 3.2.)
Früher | Neu (Varianten) |
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Ursis Blumenshop das Ohmsche Gesetz |
Ursis Blumenshop das ohmsche Gesetz |
Der Apostroph steht wie früher obligatorisch anstelle des Genitiv-s, wenn dieses aus lautlichen Gründen nicht angefügt werden kann:
In Firmennamen ist die Schreibung der Firmeninhaber maßgebend; entsprechend ist je nachdem mit oder ohne Apostroph zu schreiben. Sonst empfehlen wir, auf den Apostroph zu verzichten, daher nur: Ursis wunderschöne Blumen.
Die frühere Regelung der Worttrennung am Zeilenende war zum einen durch eine Reihe von Ungereimtheiten bestimmt, zum andern setzte ihre korrekte Anwendung Vorkenntnisse voraus, die nur sehr wenige Menschen mitbringen konnten. So durfte zum Beispiel – das betrifft die Ungereimtheiten – st im Gegensatz etwa zu sp nicht getrennt werden. Was die Vorkenntnisse betrifft: Nach der früheren Regelung waren altgriechische und lateinische Zusammensetzungen nach ihren Bestandteilen zu trennen, was die Kenntnis der Wortstämme voraussetzte, die den Zusammensetzungen zugrunde liegen. Man musste daher trennen (wir geben nur die problematischen Trennstellen an): Päd-agogik, Heliko-pter, Chir-urg, In-itiative, Korre-spondenz, par-allel. Mit der Neuregelung konnte eine Reihe von Schwierigkeiten der genannten Art beseitigt werden.
Die wichtigsten Änderungen:
Neu wird st (wie sp, sk) getrennt.
Früher | Neu |
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We-ste mei-stens Fen-ster |
Wes-te (wie: Wes-pe) meis-tens Fens-ter |
Dafür wird ck (wie ch, sch) als Einheit behandelt; man löst also nicht mehr in k-k auf.
Früher | Neu |
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stek-ken Zuk-ker trok-ken |
ste-cken (wie: ste-chen) Zu-cker tro-cken |
Die aus dem Latein bzw. den romanischen Sprachen stammende Regel, dass Verbindungen mit r und l sowie die Buchstabenverbindungen gn und kn in Fremdwörtern ungetrennt bleiben, ist nicht mehr verbindlich.
Früher | Neu (Varianten) |
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Qua-drat mö-bliert Ma-gnet zy-klisch |
Quad-rat, Qua-drat möb-liert, mö-bliert Mag-net, Ma-gnet zyk-lisch, zy-klisch |
Zusammengesetzte Wörter werden – wie früher – nach ihren Bestandteilen getrennt: Haus-tür, Mein-eid, berg-ab. Wenn eine ursprüngliche Zusammensetzung aber nicht mehr als solche erkannt bzw. empfunden wird, kann man auch nach den Regeln für einfache Wörter trennen.
Früher | Neu (Varianten) |
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wor-auf her-ein |
wo-rauf, wor-auf he-rein, her-ein |
Dies gilt vor allem für Wörter aus dem Altgriechischen und dem Lateinischen.
Früher | Neu (Varianten) |
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Päd-ago-gik He-li-ko-pter Chir-urg In-itia-ti-ve Kor-re-spon-denz par-al-lel |
Pä-da-go-gik, Päd-ago-gik He-li-kop-ter, He-li-ko-pter Chi-rurg, Chir-urg Ini-tia-ti-ve, In-itia-ti-ve Kor-res-pon-denz, Kor-re-spon-denz pa-ral-lel, par-al-lel |
In der grafischen Industrie werden bei lateinischen Fremdwörtern die Präfixe (Vorsilben) beachtet in Fällen wie: Ap-plikation, At-tribut, kom-plett, Kon-struktion, In-flation (nicht: App-likation, Att-ribut, komp-lett, Konst-ruktion, Inf-lation).
Die Abtrennung einzelner Vokalbuchstaben am Wortanfang ist im Regelwerk von 2006 nicht mehr gestattet. Daher nur: Ofen (untrennbar), Abend (untrennbar), Ele-ment, Uni-ver-si-tät; Holz-ofen, Diens-tag-abend, Bau-ele-ment.
Grundlage des vorliegenden Papiers:
Weiterführende Literatur:
Hinweis auf wissenschaftliche Publikationen von Peter Gallmann: