Prof. Dr. Peter Gallmann
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Neue Entwicklungen der Grammatiktheorie Protokolle
Originaltexte (einschließlich Besonderheiten in Grammatik und Rechtschreibung; einzige Anpassungen, sofern nicht besonders angegeben: Vereinheitlichung der Formatierung und Einfügen der HTML-Tags)
26. April 2007
Thema: Vom Prinzipien-und-Parameter-Modell zum Minimalismus
Referat: Ulrike Linsel / Henriette Moritz
Protokoll: Christina Kellner
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Die Referentinnen nannten Chomskys Kritik am traditionellen Grammatikmodell als Ausgangspunkt ihrer Überlegungen. Laut Chomsky sei die traditionelle Grammatik lediglich eine beschreibende, die Erklärungen über die Sprache schuldig bleibe. Dies wurde an Beispielen auf dem Handout veranschaulicht. Dabei wurde festgestellt, dass zwischen zwei auf den ersten Blick ähnlich erscheinenden Bespielen (BSP 1 und 2) in der Tiefenstruktur große Unterschiede bestehen. Zum Aufzeigen dieser Unterschiede sei die traditionelle Grammatik nicht geeignet, lediglich die generative Grammatik könne diese Erkenntnis liefern. Die Referentinnen zeigten mit diesen Beispielen, dass die Oberflächenstruktur oft die Tiefenstruktur verschleiern kann. Chomskys Anspruch an ein grammatisches Modell sei es aber, eben diese Tiefenstruktur- und bewegungen zu erklären.
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Zur Erklärung dient dabei das von Chomsky entwickelte Modell der Universalgrammatik (UG). Chomsky geht davon aus, dass jeder Mensch ein angeborenes Grammatikverständnis hat, dass universell auf das Erlernen aller Sprachen angelegt ist. Diese These stützt sich vor allem aus der Beobachtung heraus, dass nicht alles, was mathematisch möglich wäre, in der Sprachpraxis auch realisiert wird. Selbst beim Erlernen der Muttersprache produzieren Kleinkinder bestimmte fehlerhafte Kombinationen nie. Aus diesem Konzept der UG leitet Chomsky die Erkenntnis ab, dass sich Sprachen zwar in ihrer Oberfläche unterscheiden, es in der Tiefenstruktur aber Ähnlichkeiten geben muss. Die Ausgestaltung, des von der UG vorgegebenen Rahmens, ist dabei individuell verschieden. Wie das Italienische zeigt, erlaubt die UG das Weglassen von Pronomen, was im Deutschen aber nicht umgesetzt wird.
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Den Versuch, diese Ähnlichkeiten zu beschreiben, übernimmt die generative Grammatik (GG). Die syntaktische Komponente der GG erzeugt die Tiefenstruktur für alle Sätze, die dann durch Transfer in die Oberflächenstruktur geleitet wird, wo die phonologische Komponente zum Tragen kommt.
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Aus dem Beispiel der Pronomenrealisation im Italienischen und Deutschen lässt sich die Weiterentwicklung der UG hin zum Prinzipien- und Parametermodell erläutern: Bestimmte Prinzipien sind in jeder Sprache vorhanden, zum Beispiel, dass es mindestens zwei Wortarten (Nomen und Verben) gibt. Wie diese universellen Prinzipien einzelsprachlich umgesetzt werden, zeigen die Parameter. Diese Parameter erlernt das Kind beim Spracherwerb allein durch den positiven Input, dem es in seiner Sprechumwelt ausgesetzt ist.
3. Mai 2007
Thema: Grundannahmen des Minimalismus
Referat: Teresa Werner / Andrea Dylewski
Protokoll: Henriette Moritz
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In dieser Sitzung wurde erstmalig in den Minimalismus eingeführt. Um die neuen Entwicklungen in der Grammatiktheorie anschaulich zu machen, gingen die Referentinnen noch einmal auf die Generative Grammatik ein. Dabei stellten sie die Annahmen und Eigenschaften der Generativen Grammatik vor, um anschließend die neuen Ansätze des Minimalismus davon abgrenzen zu können.
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Die Ausgangsfrage der beiden Theorien ist dieselbe. Beide versuchen zu erklären, wie es dem Menschen möglich ist, in kürzester Zeit ein so komplexes System wie Sprache zu erwerben und anzuwenden.
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Als Antwort darauf liefert die Generative Grammatik die These der Universalgrammatik, als ein System grammatischer Strukturen, die dem Menschen angeboren ist und über die er unbewusst verfügen kann. Sie ist der Grund dafür, dass jeder Mensch eine Sprache (und prinzipiell jede Sprache) erlernen kann, d. h. dass jeder Mensch Sprachkompetenz besitzt.
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Der Anspruch der Generativen Grammatik ist es, diese Kompetenz abzubilden. Da Fehler erst in der konkreten Sprachanwendung, d.h. im Bereich der Performanz, anzutreffen sind, geht die Generative Grammatik von einem perfekten Sprecher bzw. Hörer aus.
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Die Generative Grammatik liefert die Prinzipien, die der Sprachproduktion generell zu Grunde liegen. Sie bietet darüber hinaus auch Erklärungen für Differenzen zwischen den Sprachen (verschiedene Parameter).
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Der Derivationsprozess wird in der generativen Grammatik mit Hilfe der Repräsentationsebenen der D- und S- Struktur beschrieben, wobei davon ausgegangen wird, dass von der D- zur S-Struktur Bewegungen der Komplementen vollzogen werden (siehe T-Modell Hand-out).
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Der Minimalismus verzichtet auf diese Repräsentationsebenen und beschränkt sich auf Derivationsmechanismen aus dem Lexikon. Dabei spielen die Prozesse select (Auswahl von Objekten aus Lexikon), merge (die Verkettung der Objekte zu größeren Einheiten) und move (Verschiebung der Elemente) eine wichtige Rolle.
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Die Prozesse select und merge laufen immer wieder ab, bis eine kohärente sprachliche Form entstanden ist. Es werden also immer wieder Objekte aus dem Lexikon ausgewählt und zu strukturellen Einheiten verknüpft. Diese Prozesse finden mental und innerhalb der Derivation statt.
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Alle Prozesse, die sich nach dem spell-out vollziehen, befinden sich außerhalb der Derivation. Zu ihnen gehören kognitive Prozesse, die sowohl die phonetische Komponente (PF) als auch die logische Komponente (LF) eines Satzes interpretieren. Der Minimalismus verortet diese Interpretation an der PF- Schnittstelle bzw. LF-Schnittstelle.
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Der Minimalismus versucht ebenfalls Erklärungen für die Sprachproduktion zu liefern und die Eigenschaften von Sprache zu beschreiben. Er sucht dabei jedoch nach Adäquatheitskriterien, die deswegen plausibel und optimal für die Sprachproduktion sind, weil sie durch Einfachheit und Schlichtheit (ökonomisch sind) gekennzeichnet sind.
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Methodologisch gelten für den Minimalismus deshalb bestimmte Ökonomieprinzipien (nur so wenig Grundbegriffe, -operationen, - relationen, Repräsentationsebenen, Modulen, universellen Prinzipien wie möglich). Aber auch kognitive Prozesse sind ökonomisch organisiert. Sie finden nur dann statt, wenn sie unerlässlich sind und werden mit dem geringsten Aufwand realisiert.
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Bewegungen, wie sie von der Generativen Grammatik beschrieben werden, werden vom Minimalismus als unökonomisch angesehen und nur als last resort in Betracht gezogen. Als wesentlich ökonomischere Variante der Strukturerzeugung hebt der Minimalismus das lexikalische Einsetzen hervor. Die Wörter werden also direkt aus dem Lexikon selegiert und eingesetzt. Die ausgewählten Objekte müssen jedoch so sein, dass sie von den Schnittstellen PF und LF gelesen und interpretiert werden können (Prinzip der vollen Interpretierbarkeit). Um dies zu gewährleisten werden die Objekte einer Merkmalsüberprüfung unterzogen. Dabei werden Merkmale, die nicht gelesen werden können gelöscht.
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Aufgrund dieser Merkmalsüberprüfungen wird die optimale Derivation bestimmt. Stimmen die Merkmale der PF-Objekte/ LF-Objekte nicht mit jeweiligen Repräsentationen auf den jeweiligen Schnittstellen überein, kollabiert die Derivation (Crash). Beispiele:
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Satz ohne Subjekt ist für LF- Schnittstelle nicht interpretierbar: *Wird gelobt.
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Wörter aus Konsonantenfolgen für PF- Schnittstelle nicht interpretierbar: *Krrttpp bgtr lmkz.)
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Aber: Wohlgeformte Sätze, die keinen Sinn ergeben sind. können trotzdem Ergebnisse erfolgreicher Derivation sein. Beispiel:
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Laut duften seine Gedanken in der Wasserschale.
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Indem in der Theorie des Minimalismus die Wörter mit ihren morphologischen und lexikalischen Eigenschaften direkt aus dem Lexikon selegiert werden, kommt diese Theorie ohne die Repräsentationsebenen der D- und S-Struktur aus.
24. Mai 2007
Thema: Phrasenstruktur
Referat: ad hoc
Protokoll: Ulrike Linsel
Text I: Chomsky-
In dieser Sitzung wurde zunächst wieder auf das Verarbeitungssystem (CHL) verwiesen. Dabei dient der Prozess merge (die Verkettung der Objekte zu größeren Einheiten) als Grundlage der Phrasenstruktur. Die uns schon bekannte X-bar-Theorie bleibt im Minimalismus weiterhin bestehen, jedoch werden die Phrasenstrukturregeln reduziert.
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Aus der Logischen Form (LF) heraus soll es nun möglich sein, Zugriff zur lexikalischen Einheit (LI) mit seinen nicht-phonologischen Eigenschaften zu haben. Das heißt, die LF interpretiert eine lexikalische Einheit mit seinen nicht-phonologischen Eigenschaften auf der semantischen Ebene.
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Wir wissen nun, dass aus dem Lexikon durch select Einheiten genommen und durch merge verbunden werden. Chomsky macht das an einem einfachen Beispiel deutlich: man hat zunächst eine Menge von lexikalischen Einheiten a (der (Det)), es (Pron), sah (v), b (Mann (N)), durch select wird der Determinierer der (a) und das Nomen Mann (b) ausgewählt. Durch merge gehören a und b zu einem Label c. Das Label c zeigt den Typ der neuen Kategorie K (DP) an. Was jetzt auffällt, ist, dass der Mann nicht, wie wir es von der traditionellen Analyse kennen, eine Nominalphrase (NP) beschreibt, sondern eine Determiniererphrase (DP). Der Artikel dominiert die Phrase. Ist folglich von einer DP die Rede, so nennt man das DP-Hypothese. Gewissermaßen wird in dem Beispiel (der Mann) das Nomen durch den Artikel näher bestimmt. Es soll sich also nicht um irgendeinen Mann handeln, sondern um einen ganz bestimmten. Weiterhin kommt bei finitheitsempfindlichen Konstruktionen die DP-Hypothese in Frage. Bei Grad- und Maßangaben gilt in der DP- Hypothese: der Determinierer bleibt frei, ist aber trotzdem Kern. Jedoch ist diese Hypothese noch nicht endgültig ausdiskutiert.
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Labels werden wahrscheinlich sofort bei Bildung von K abgeleitet. Fakt ist aber, dass das Label c von zwei Konstituenten a und b konstruiert wird. Beim Label gibt es nach Chomsky drei theoretische Annahmen:
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Schnittmenge von a und b (intersection of a and b)
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Vereinigungsmenge von a und b (union of a and b)
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entweder a oder b (one or the other of a, b)
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Am Beispiel schwierige linguistische dicke Bücher wurde es versucht zu erklären. Würde Annahme 1. oder 2., die Schnittmenge oder die Vereinigungsmenge beim Bilden der neuen Kategorie zutreffen, dann hieße es, es gibt 3/4 Adjektive und 1/4 Nomen. Das macht aber keinen Sinn, denn es kommt kein Ergebnis dabei raus. Hier ist die Annahme 3. die richtige. Entweder das Element a (schwierige) oder b (linguistische) oder c (dicke) oder d (Bücher) geben den Typ für die Kategorie an. In diesem Fall ist natürlich das Element d (Bücher) richtig. Es gibt den Typ für die Kategorie NP an.
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Wird ein Adjunkt eingefügt, so entsteht ein zweites Segment innerhalb der Kategorie. Aber es entsteht keine neue Kategorie.
Text II: Kayne-
In dem Text von Kayne ist die Rede von Linearität. So gibt es zwischen X und Y eine bestimmt lineare Abfolge. Die Abfolge von Z, X, Y sagt, dass Z= Spezifikator und Y= Komplement von X ist. Diese Abfolgen können c-kommandiert werden. Das heißt, dass einzelne Satzelemente verschoben werden können, ohne die Semantik zu zerstören. Aber es muss beachtet werden, dass der Kern immer links vom Komplement stehen muss. Komplemente stehen nie vor dem Kern. Problemfall: wegen des Sonnenscheins kann auch des Sonnenscheins wegen heißen. Des Sonnenscheins ist aber Komplement zum Kern (P) wegen. Durch Verschiebung von der Komplementpostition zur Spezifikatorposition ist der Satz des Sonnenscheins wegen möglich.
31. Mai 2007
Thema: Infinitivkonstruktionen I: AcI, NcI, Kontrollkonstruktionen
Referat: Antje Meier
Protokoll: Teresa Werner
* Anmerkungen der Protokollantin
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Vor Beginn des eigentlichen Themas nannte die Referentin einige wichtige Vorüberlegungen, die für das Verständnis von Infinitivkonstruktionen wesentlich sind. In diesem Rahmen wurde das Theta-Kriterium, der Kasusfilter, die strukturelle Kasusvergabe und die Burzios Generalisierung besprochen.
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Das Theta- Kriterium besagt: Jedes Argument muss genau eine Thetarolle erhalten und jede Thetarolle muss genau ein Argument zugewiesen bekommen. Dabei sind Thetarollen die semantischen Rollen eines Aktanten, welche in Agens, Benefizient (oder auch Empfänger bzw. Experiencer, Possessor) und Patiens unterschieden werden, diese Reihenfolge der Aufzählung ist auch zugleich die Hierarchie der Thetarollen.
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Kasusfilter: Das Verb weist dem Nomen einen Kasus zu, was im Umkehrschluss heißt, dass jede NP einen abstrakten Kasus, also ein Kasusmerkmal, besitzen muss. Es gibt neben der Hierarchie der Kasus (Nom. > Akk. > Dat. > Gen.), welche die Auffälligkeit eines Kasus markiert, auch Regeln der Zuweisung durch das Verb (vgl. Handout, Kasusregeln 1–3). In manchen Konstruktionen wechseln die Kasus, die Referentin nannte als Beispiel die AcI- Konstruktionen: Das Mädchen spielte. → Wir sahen das Mädchen spielen. Weitere Konstruktionen, bei denen der Kasuswechsel möglich ist, sind auf dem Handout genannt.
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Struktureller Kasus: Die Kasusvergabe beim strukturellen Kasus ist eine Form der Rektion, das heißt, dass die Vergabe aus strukturellen Bedingungen erfolgt (vgl. semantischer Kasus und Kongruenzkasus*). Die NP muss dabei das Regens regieren (vgl. Regens/Rektum*), also ist der strukturelle Kasus von der Konstituentenstrukturposition des Regens determiniert*. Des Weiteren ist auf dem Handout ein kleiner Fehler aufgetreten: bei der strukturellen Kasusvergabe sei kein Kasuswechsel möglich; Herr Gallmann wies darauf hin, dass dem sehr wohl so sei.
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Burzios Generalisierung: Nicht-akkusativische Verben haben von Natur aus keinen Agens, aber einen Patiens, welcher im Nominativ steht. Die Burzios Generalisierung besagt, dass wenn kein Agens da sei, dann auch kein Akkusativ vorhanden sein könne, insofern, dass dieses nicht-akkusativische Verb dem ranghöheren Argument den Akkusativ nicht zuweisen kann (die BG tritt auch bei der allgemeinen Passivbildung auf*) Widerspruch auf Handout, nachfragen!
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Nach diesen Vorüberlegungen begann der Hauptteil des Referates. Als erstes wurden die AcI-Konstruktionen besprochen. Der AcI betrifft transitive Wahrnehmungsverben; wenn die Wahrnehmung eine Person/ Sache betrifft, so steht das Objekt im Akkusativ: Ich sehe etwas*. Die Wahrnehmung kann aber auch nicht allein die Person/Sache, sondern auch einen involvierten Sachverhalt oder eine Handlung betreffen; meistens tritt dann ein Nebensatz mit finitem Verb auf: Ich sehe, dass jemand etwas tut.* Als Variante des letztgenannten kann aber auch eine Infinitivkonstruktion stehen: Ich sehe jemanden etwas tun.* Die Besonderheit hieran ist, dass die NP der finiten Variante nicht wie dort im Nominativ, sondern hier im Akkusativ steht. Die Erklärung findet sich darin, dass in diesen AcI-Konstruktionen die Phrase die Thetarolle vom Infinitiv, den Kasus aber vom Wahrnehmungsverb erhält.
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Im Englischen und Lateinischen beispielsweise gibt es zum AcI auch Passivvarianten: John is expected to win. Iohannes vincere putatur. Diese werden NcI genannt. Im Deutschen gibt es diese Passivvarianten nicht. Herr Gallmann wies daraufhin, dass man nicht wisse, woran das liegt. Nichtsdestotrotz gibt es im Deutschen die nicht-akkusativischen Verben, bei denen dieselbe Konstruktion auftritt. Als Beispiele wurden scheinen, drohen und versprechen genannt. In der GG spricht man Anhebungs- bzw. Raisingkonstruktionen. (Die Subjekt-NP des eingebetteten Satzes der Tiefenstruktur wird beim Übergang in die Oberflächenstruktur in die Subjekt- bzw. Objektposition angehoben. Beispiel: Hans scheint zu verlieren: Hans ist das logische / tiefenstrukturelle Subjekt von verlieren, wird aber zum Subjekt von scheinen angehoben, dasselbe beim AcI.*)
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Die letzte zu besprechende Konstruktion ist die Kontrollkonstruktion. Auch hier geht es um zwei Verben in einem Satz, wobei das Kontrollverb das gebeugte Verb des Hauptsatzes ist. Auf dem Handout finden sich verschiedene Status der Infinitheit des Verbs, welche aber bei allen Infinitivkonstruktionen gelten, also nicht nur bei der Kontrollkonstruktion.
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"Kontrollverben verlangen eine infinite CP als Komplement und vergeben eine Thetarolle an das Subjekt." (Zitat Handout) Beispiel: Anna versprach Otto das Buch zu lesen. In diesem Fall ist [das Buch zu lesen] die infinite CP und [Anna] als Subjekt der Agens zu [versprechen]. Gemäß der Grundannahme, dass diese infinite CP voll satzwertig ist hat sie demnach auch ein (unsichtbares) Subjekt, welches mit PRO gekennzeichnet wird. Die Referentin machte zusätzlich auf das arbiträre PRO aufmerksam, welches in der Bedeutung von man zu verstehen ist. Beispiel: [PRO Solche Bücher zu lesen] ist anstrengend vs. [Solche Bücher zu lesen] ist mir zu anstrengend. Als letztes wurden die Gründe für die Annahme dieses unsichtbaren Subjektes PRO genannt, so brauche zum Beispiel im Falle eines Reflexivums ebendieses eine Bezugs-NP im selben Satz. Beispiel: [PROi Sichi unauffällig zu verhalten] …
7. Juni 2007
Thema: Infinitivkonstruktionen II: PRO mit Nullkasus?
Referat: Peter Gallmann
Protokoll: Julia Bischoff
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Das Thema dieser Sitzung lautete Infinitivkonstruktionen. Zu Beginn wurde auf das eigentliche Ziel des Minimalismus eingegangen. Dieser soll die Grammatiktheorie „verschlanken“, um zu einem angemesseneren Modell zu gelangen. Wichtige Aspekte zu Infinitivkonstruktionen im Rahmen des Modells entstanden in den 80er Jahren.
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Es wurde geklärt, dass das PRO in bestimmten Infinitivkonstruktionen auftritt und auch viele grammatische Begriffe, wie zum Beispiel die (strukturelle) Rektion, damit verbunden werden. Auch die c-Selection wurde in diesem Zusammenhang genannt. Interessant war die Anmerkung, dass diese kategoriale Selektion aus konzeptionellen Gründen aus den heutigen Modellen ausgeschlossen werden soll. Doch dieses Vorhaben konnte nicht ganz verwirklicht werden, da diese als "heimliche Wiedergeburt" unter den Begriff der l-Selection (lexical selection) autritt. Auch auf die s-Selection, die im Text sehr oft im Zusammenhang mit der check-in-Metapher beschrieben wurde, ist näher eingegangen worden. Dazu wurde ein Beispiel an die Tafel geschrieben: Ich gähne das Publikum. Schlussfolgernd stellte sich heraus, dass dieser Satz nicht interpretierbar ist, da im Satzzusammenhang geprüft wurde, ob die Satzglieder auch zueinander passen. Danach wurden die Locality Conditions näher erläutert. Diese Distanzbeschränkungen für Bewegungen wurde wieder mit Hilfe eines Beispiels an der Tafel den Studenten näher gebracht. Durch einen Strukturbaum kam man zu der Erkenntnis, dass bei zu großer Distanz innerhalb des Baumes, Wörter keine Beziehungen eingehen können, d.h. dass Beziehungen auch nicht beliebige Distanzen durchlaufen können (Lokalitätsbeschränkungen). Außerdem wurde auch die Bindungstheorie erklärt. Diese prüft, welche Ausdrücke sich innerhalb eines Satzes sich auf andere Satzteile beziehen können. Als Beispiel wurde eine Version der 80er Jahre, in welcher das PRO noch auftaucht, an der Tafel veranschaulicht: Otto bedauert, dass niemand an ihn denkt. Zum besseren Verständnis wurde wieder ein Baum dargestellt. In Bezug auf referentielle Ausdrücke ist festgestellt worden, dass unter normalen Bedingungen zwei Ottos auch zwei verschiedene Personen sein müssen. Nur wenn sich der 1. Otto nicht auf den 2. Otto bezieht, ist der Satz richtig. Dieser Sachverhalt ändert sich aber bei Personalpronomen: Weil Otto bedauert, dass niemand an ihn denkt. Was im vorhergehenden Beispiel unmöglich war, ist nun korrekt. Die vierte der vier Regeln zu Bindungstheorie besagt, dass das PRO nicht regiert werden darf. Die Frage von einer Kommilitonin, ob diese Regel eigentlich plausibel sei, wurde damit erklärt, dass der Autor Boskovic meint, dass das PRO nicht von der Bindungstheorie bestimmt werden muss. Eine andere Frage, was der Minimalismus eigentlich konkret an dem PRO kritisiert, wurde von Herrn Gallmann mit zwei Kontrollfragen versucht zu beantworten: Haben wir mit der Umformulierung der Theorie wirklich etwas gewonnen? Was muss eine Theorie beinhalten, um gleiche Phänomene noch einfacher und schlüssiger darstellen zu können?
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Des weiteren wurde über ArgOP, dem Vorgänger der vP gesprochen. Diese vergibt den Akkusativ. Ein Beispiel an der Tafel verdeutlichte, dass jede Phrase eine Theta-Rolle (θ) bekommt und v für die Agensrolle zuständig ist. Das Besondere daran ist, dass v bei Vergabe einer Täterrolle auch gleichzeitig einen Akkusativ vergibt (Bsp.: … weil Otto den Kahn versenkte) Bei Verben, die nicht im Akkusativ stehen, ist v funktionslos.
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Beispiele der Balkan-Subjunktive zeigten, dass bei einer wörtlichen Übersetzung der Infinitiv "helfen" der finiten Verbform entspricht. Das Fazit war, dass unser Infinitiv mit dem großen PRO der finiten Verbform entspricht und Theorien somit für alle Sprachen zutreffen müssen, nicht nur für den deutschen Sprachraum.
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Zudem wurden zwei Unterarten von Infinitiven herausgearbeitet. Man unterscheidet zwischen der finiten und der infiniten Form. Die erstere weist den Nominativ zu, die infinite Form kann nochmals in "Null-Kasus" und "keinen Kasus" unterteilt werden. Als letztes wurde das Phänomen des „cross over“ näher erklärt. In Bezug auf die Beziehung zwischen Pronomen wurde beschrieben, wie sich diese Beziehungen verändern, wenn eine Phrase gebildet wird.
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Boskovic wollte mit seiner Theorie zeigen, dass der Einklang mit dem Minimalismus ohne die Rektion erreicht werden kann.
14. Juni 2007
Thema: Affixhopping und Verbanhebung
Referat: Eric Köhler
Protokoll: Katja Pötzsch
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In der letzten Sitzung beschäftigten wir uns mit dem Thema Head Movement, Affixhopping und Verbanhebung. Zu Beginn gingen wir auf einige Begriffsklärungen ein. Beispielsweise Head Movement, Complementiser etc. Im Anschluss daran wurde vom Referenten das T-to-C Movement durch ein Folienbeispiel (I wanted to asked you, if you will marry me.), erläutert. Mit Hilfe eines Strukturbaumes wurde veranschaulicht, dass hier gegen zwei zentrale Prinzipien verstoßen wird. Das Besondere ist, dass sich das finite Hilfsverb an der C-Position befindet. Auf die Frage, wie ein finites Hilfsverb, das eigentlich in der T-Kopf Position steht, in die C-Position bewegt werden kann, antwortete Prof. Gallmann, dass C im Englischen eine starke Position besitzt und dadurch will an sich zieht. Weiterführend wurde auf das Movement as copying and delection eingegangen. Der Referent erläuterte das englische Verb have, welches in umgekehrten Strukturen nicht mit I/we/you/they cliticisieren kann. Prof. Gallmann fügte hinzu, dass man in vielen Kontexten they've sagen kann, es aber Situationen gibt, in denen das have ganz ausgesprochen werden muss. Eine Frage von einer Kommilitonin lautete, ob die Kürzung nicht etwas mit der Umgangssprache zu tun hätte. Darauf entgegnete Prof. Gallmann, dass man auch im Englischen diese Wörter nicht angleichen könne (auch nicht in der Umgangssprache). Nachfolgend wurde ein Beispiel aufgezeigt (Would you would…), welches durch seine hohe Frequenz zeigte, dass es sich nicht mehr um einen Versprecher, sondern vielmehr um einen bevorstehenden Sprachwandel handeln müsse. Im weiteren Verlauf beschäftigten wir uns mit dem V- to- T Movement. Hierzu stellte Prof. Gallmann die Frage an das Seminar, wie man auf die Idee komme, ein Nullaffix anzusetzen. Die Antwort lautete, dass die deutsche und englische Sprache an dieser Stelle nicht weiterhelfen können, eher andere Sprachen, bei denen an passender Stelle ein Affix auftritt, beispielsweise türkisch oder retroromanisch. Des Weiteren unterschied der Referent zwischen dem Elisabethanischen Englisch und dem Gegenwartsenglisch. Im Elisabethanischen Englisch steht in verneinenden finiten Sätzen ohne Hilfsverb das Verb vor not, z.B. I care not for her. Prof. Gallmann warf ein, dass den heutigen Angelsachen diese Wortstellung seltsam vorkommen könnte, uns Deutschen jedoch nicht, da die Wortstellung, im Unterschied zum Gegenwartsenglisch, noch wie im Deutschen ist (z.B. Know you not the cause?– Kennst du nicht den Grund?) Eine Kommilitonin fragte, was man unter einem starken Merkmal verstünde. Prof. Gallmann erwiderte, dass der T- Kopf den V- Kopf bei sich haben will (er lockt in ihn an), d.h das starke Merkmal erzwingt die Bewegung (im Elisabethanischen Englisch). Im heutigen Englisch sei dieses Merkmal zu schwach, um ein Verb dazuzubringen, sich von V nach T zu bewegen. Weitere Seminarschwerpunkte waren das Head-Movement und Auxiliary raising (Verbanhebung). Dabei gingen wir auf ein weiteres Beispiel ein (She wants him to cleverly read the book). Bei der normativen Grammatik herrscht eine umgedrehte Wortfolge, das to verschiebt sich hinter das cleverly. Folgend beschäftigten wir uns mit Another look at negation. Mit einem Strukturbaum wurde belegt, dass gleich drei Sprachen (Englisch, Deutsch, Französisch) auf diese Weise erklärt werden können. Not fungiert hier als Spezifikator, an der Nullstelle steht ne, im Gegenwartsdeutsch verschwindet das ne und im Französischen steht ein pas. Zum Abschluss behandelten wir DO-support und verbal Morphology. Das DO-support im Deutschen wurde weggelassen.
21. Juni 2007
Thema: Distributed Morphology
Referat: Varinia Vogel
Protokoll: Wiebke Jaskolka / Elisabeth Renker
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Zunächst wurde das Protokoll zur Sitzung vom 14.06.07 verlesen und einige kleinere Verbesserungen und Anmerkungen herangetragen.
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Es soll sich in der heutigen Sitzung mit der distributierten Morphologie beschäftigt werden. Das Referat wird von Varinia Vogel gehalten und basiert auf folgender Fachliteratur: Morris, Halle/ Alec Marantz (1994): Some Key Features of Distributed Morphology sowie Georeon Müller (2005): Subanalyse verbaler Flexionsmarker. Leipzig: Universität Leipzig. Neben dem Vorstellen von Grundsätzlichem soll das Theoretische auch an der Verbflexion praktisch erklärt werden.
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Die Syntax weist eine Tiefen- und eine Oberflächenstruktur auf. Die morphologische Struktur fügt sich zwischen Syntax und Phonetischer Form ein. Es sind jedoch keine phonologischen Merkmale bei Syntax oder Form beinhaltet. Die Basiseinheit besitzt zum einen semantische, syntaktische und morphologische Merkmale (sie bilden einen Komplex in der Syntax). Diese stehen den phonologischen Merkmalen gegenüber.
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Durch das Wort "Adjazenz" wird die Beziehung zweier Nachbarknoten beschrieben. "Clitics" können auch als Enklitika bezeichnet werden.
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Von der Referentin wurde zunächst ausgeführt, dass Halle und Marantz eine Theorie begründet haben, die versucht, Chomskys Theorie auf die morphologische Ebene zu übertragen. Die Morphologie besitzt danach drei Eigenschaften: a) die spätere Einsetzung, b) die Unterspezifikation sowie c) eine syntaktische hierarchische Struktur. Die Operationen der Morphologie sind folgende: a) Hinzufügung von Morpheme, b) Merger und c) Fusion, welche von der Referentin im Vortrag nicht explizit ausgeführt wurden, d) Spaltung sowie e) Verarmung.
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Im zweiten Punkt ging die Referentin auf die Verbflexion im Deutschen ein. Wenn man sich die drei Tabellen auf dem Handout näher betrachtet, gibt es je einen Wortstamm und dazu verschiedene Endungen, welche man Flexionsmarker nennt. Hierbei muss auf lexikalisches Wissen zugegriffen werden. Es paaren sich morphosyntaktische und phonologische Merkmale. Bezüglich des Markerinventars führte Frau Vogel aus, dass nicht jede Form seinen ihm eigenen Flexionsmarker besitzt, sondern dass es hier Synkretismen, also Übereinstimmungen, gibt. Bei der 3. Person Singular sowie bei der 2. Person Plural findet man gleiche Endungen vor: /t/. Nun stellt man sich die Frage: warum? Zur Erklärung dienen bestimmte Regeln. Sie sind geordnet vom Spezifizierten zum Unspezifizierten. Der spezifischste Marker ist /te/. Er besitzt die Eigenschaft, überall im Präteritum bei schwachen Verben eingesetzt zu werden. Der zweite Marker ist /s/, welcher bei der zweiten Person Singular steht. Die eigentlichen Eigenschaften sind -1 / +2, aber da im Deutschen -1 gestrichen wird, findet dies auch hier statt. Es folgt daraus eine Unterspezifikation und man erhält +2.
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Weiterhin führte die Referentin aus, dass dies nach Gereon Müller teilweise sehr inkonsequent ausgeführt worden sei und die Verarmung kontextabhängig sei. Die Theorie sei sehr umstritten und es gäbe viele Konkurrenzmodelle, welche nur positive Verben betrachten würden. Des Weiteren gehört /te/ zusammen, aber das trifft nicht auf /s/ und /t/ zu. Beispielsweise kann man dazu die Übereinstimmung zwischen der 2. Person Singular "glaubst" und der 3. Person Singular "glaubt" betrachten. Eine sehr allgemeine Endung stellt /t/ dar, welche den Wert /-1/ besitzt. Der Marker /s/ steht bei der 2. Person Singular, dort wird wie oben erwähnt bei [-1, +2] die -1 gestrichen, so dass sich [+2] daraus ergibt. Das alles galt nur für den Singular.
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Der Marker /n/ steht komplementär zu /s/ für die 1. und die 3. Person Plural; /t/ ist sehr allgemein und kann überall eingesetzt werden, wo -1 zugänglich ist. Am wenigsten spezifisch ist /e/ und lässt sich dadurch überall dort einsetzen, wo kein anderer Marker einsetzbar ist. Die Hierarchie erfolgt über Kasus, Tempus > Numerus > Person. Die Referentin erklärte dazu, dass man in den Begrifflichkeiten hier teilweise inkonsequent sei.
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Danach wurden die Synkretismen näher betrachtet. Im Präteritum ist die erste und die 3. Person Singular immer gleich. Das betrifft alle germanischen Sprachen. Es stellte sich daher die Frage, wie es zu dieser Übereinstimmung kommt. Man geht zunächst von natürlichen Klassen der ersten [+1, -2], der zweiten [-1, +2] und der dritten Person [-1, -2] aus. Diese natürlichen Klassen werden aus zwei Klassen vereinfacht. Die erste Person Singular Präteritum hätte demzufolge die Eigenschaft [+1, -2] und die dritte Person [-1, -2]. Durch die Verarmungsregel wird bei beiden die [-1] gestrichen und sie bilden jetzt eine Klasse [-2] ([+-1] wird zu [-2, -pl, + prät]). Das kann bezüglich der Marker nur /te/ ergeben. Die Verarmungsregel soll erklären, warum die beiden die gleiche Endung besitzen. Das ergibt sich zufällig. Die Theorie zeigt einige Schwachstellen, aber sie gilt dafür für alle germanischen Sprachen. Der Marker /te/ wird für alle als Endung angesehen. Dennoch haben einige Verben "mehr Endung" als andere. Als weitere Übereinstimmung nennt Gereon Müller die 1. und 3. Person Plural Präsens und Präteritum. Das ist spezifisch für das Deutsche und hat sich vom Mittelhochdeutschen entwickelt. Bei der 1. Person Plural [+1, -2] und der 3. Person Plural [-1, -2] wird jeweils die [-1] gestrichen. Daraus ergibt sich für [+-1] das Ergebnis [-2, +pl]. Diese gemeinsame Menge bleibt übrig. Das e in "glauben" dient im Präsens Plural nur als Verbindung.
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Es gibt noch mehr Synkretismen, welche sich durch Spaltung oder Verarmung erklären lassen. In der 2. Person Singular heißt es "glaubst" und in der 3. Person Singular "glaubt". /s/ steht in der Hierarchie höher als /t/ und wird zuerst eingesetzt. Die 2. Person Singular Präsens hat die Eigenschaften [-1, +2] und kann als abstraktes gespaltenes Morphem betrachtet werden.
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Weiterhin wurde gefragt, welche Endungen nun automatisch durch diese Tabelle auftreten können. /s/ [-1, +2] im Ergebnis [+2] kommt vor /t/ [-1]. "Glaubst" hat die Merkmale [+2] und [-1]. Es müssen nie alle Merkmale vorkommen, sondern nur eine Teilmenge.
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Die Referentin kam im Folgenden auf die Übereinstimmungen zurück. Es wurde von /t/ bei der 3. Person Singular und der 2. Person Plural ausgegangen (z. Bsp. "glaubt" und "ruft"). Dabei sollte keine Rücksicht auf Sonderformen genommen werden. Die 3. Person Singular hat folgende Eigenschaften: [-1, -2]. Die [-1] wird gestrichen. Diese Verbform steht im Präsens, daher ist /te/ ausschließbar sowie auch /s/ auszuschließen ist, da es keine 3. Person ist. /n/ ist auszuschließen weil es nicht im Plural steht, so dass /t/ übrig bleibt. Die 2. Person Plural besitzt dagegen die Eigenschaften [-1, +2].
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Durch den Vergleich von Singular mit Plural sind mehrere Verarmungsregeln aufstellbar. Dabei gilt immer das Spezifizitätsprinzip, was besagt, dass man immer das Spezifischere wählt und möglichst nicht /e/. Die Vorteile dieser Theorie sind, dass durch sie alle Synkretismen erklärbar sind und sie sich auf alle Sprachen übertragen lässt. Andere Modelle sind aber im Vergleich einfacher. Eine dieser hat folgende Regeln: Präteritum steht mit Ablaut (dem Lexikon zu entnehmen) und/oder mit /te/, die 2. Person Plural erhält /t/ und /s/, der Plural ist von /n/ geprägt und die erste Person Singular von /e/. Man kann zwischen t1 und t2 unterscheiden. Die Hierarchie geht hierbei auch von oben nach unten. Doppelflexion (Person und Numerus) ist verboten. Man geht bei dieser Theorie nur von positiven Endungen aus. Ein Nachteil ist, dass sie weniger erklären kann: /t/ kommt beispielsweise zweimal vor. Als Beispiel wird "nehmen" herangezogen, wovon die erste Person Präteritum "nahm" gebildet wird. Die zweite Person Plural Präsens müsste "nehmts" lauten, was die österreichische Bildung erklären kann. Das Modell ist zwar auch in der Lage, den Gleichklang zu interpretieren, aber ein Nachteil ist, dass die t-Endung hier als Zufall gesehen wird, bei Müller dagegen ist sie im System erklärt. Die Erklärung des e/i-Wechsels fehlt bei beiden Theorien.
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Eine weitere ist die Optimalitätstheorie von Peter Gallmann, welche sehr ähnlich ist. Diese beinhaltet ebenfalls die Verarmungsregel, heißt aber Kookkurrenzbeschränkung. Ein Beispiel dafür ist "das dicke Buch"
bei dem wegen der Verschmelzung der Eigenschaften Maskulinum und Akkusativ das /n/ bei "das dicken Buch" wegfällt. Abschließend wurde festgehalten, dass man die Theorien ineinander übersetzen kann und von Frau Vogel vorbildlich referiert worden ist.
28. Juni 2007
Thema: Expletiva und Agreement
Referat: Alexander Mallik
Protokoll: Andrea Dylewski
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Im ersten Teil des Referates wiederholte der Referent den bereits aus dem Grundstudium bekannten Begriff der expletiven Nominalphrase (es). Diese bezeichnet bestimmte Typen unpersönlicher Konstruktionen, in denen das Subjektsnomen leer und referenzlos ist.
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Es gibt vier Arten von Expletiva: Pseudo-Aktanten bzw. das unpersönliche es (gehen meist einher mit Witterungsverben – z.B. Es schneit), Nebensatz-Korrelate (meist mit Verben, die das Befinden ausdrücken – z.B. Mich störte es, dass Otto ständig gähnte), Vorfeld-Platzhalter (nur im Deutschen – z.B. Es kamen drei Männer) und
Subjekt-Platzhalter (in Existenzsätzen – z.B. Es sind drei Männer im Raum). In diesem Fall zählt es jedoch nicht als Subjekt. Dazu springt das Pronomen aus Gewichtungs- und Informationsverteilungsgründen ins Vorfeld.
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Wenn das Pronomen es auf einen nachgestellten Nebensatz verweist, wird es als Korrelat bezeichnet. Dies kann sowohl in einem Subjekt- als auch einem Objektnebensatz der Fall sein. z.B. Mir kommt es seltsam vor, das Anna so lange wegbleibt. Das Pronomen es, welches einen sehr schwachen Status hat, verschwindet jedoch, wenn der Nebensatz ins Vorfeld gestellt wird.
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Anmerkung: Herr Gallmann verwies darauf, dass diese Konstruktion nicht immer möglich ist, beispielsweise bei *Sie ist müde, es bin ich auch. (Erklärungsbedarf: Sie ist müde, ich bin es auch – ist doch grammatisch!!!) → [Bemerkung bezog sich auf Vorfeldfähigkeit: Wenn das Pronomen es Objekt oder Prädikativ ist, kann es nicht im Vorfeld stehen, und zwar in allen semantischen Varianten: als Stellvertreter, als Pseudo-Aktant und als Korrelat. PG]
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Als nächstes folgte die eigentliche Thematik: Agreement (Übereinstimmung) und die dazu gehörenden grundlegenden Begriffe.
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interpretierbare und nichtinterpretierbare Features (Kategorien)
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Feature Value Correlation (Kategorien, die Werte aufweisen z.B. Kasuswert: Nominativ, Genitiv, Dativ, Akkusativ)
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Feature Deletion (Streichung der phi-features (Pers/Numerus/Genus) von b, wenn a phi-komplett ist)
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feature-copying (wann wo welches Merkmal im Satz auftaucht)
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match-relation (Menge der Elemente kann identisch sein, darf sich aber nicht widersprechen)
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Die beiden wichtigsten Begriffe dieser theoretischen Überlegung sind und goal. Als Beispielsatz diente *There are thought likely to be awarded several prizes. Das infinite be sucht nach einem c-kommandierenden goal, mit dem es sich vereinigen kann (muss in KNG übereinstimmen). In diesem Fall ist das goal several prizes, welches das Merkmal 3. Person Plural (are) aufweist und somit als are in der Phonologischen Komponente realisiert wird.
Goals sind demzufolge Phrasen, die nicht mehr verändert werden können und für andere Phrasen undurchdringlich sind (auch durch das Sprachgefühl des Menschen erklärbar) – dies wurde von Chomsky als Phase Impenetrability Condition bezeichnet.
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Die Agreement-Theorie hat das Ziel zu erklären, warum konjugiert wird und warum semantisch unerklärbare Dinge auftauchen. Außerdem besagt es, dass nicht interpretierbare Merkmale auf dem Weg in die logische Form gestrichen werden.
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Die Grundidee des von Chomskys Covert raising (verdeckte Anhebung) lautet, dass nicht nur Wörter, sondern auch Merkmale bewegbar sind, z.B. Subjekte zu Expletiva hinauf etc.
Covert raising (verdeckte Anhebung) ist besonders in Sätzen, die das Verb scheinen enthalten, anzunehmen. Als Beispiel nannte der Referent a) *There seem to be a man in the room. vs. b) There seems to be a man in the room. Satz b ist grammatisch, seem als Matrixverb besitzt selbst kein Subjekt-Argument.
5. Juli 2007
Thema: Vorfeldbewegung, w-Bewegung
Referat: Wiebke Jaskolka
Protokoll (Version I): Antje Meier
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Die Sitzung vom 5. Juli 2007 fand unter dem Thema der Vorfeld- bzw. w-Bewegung statt. Zunächst klärte die Referentin den Begriff Bewegung. Dieser bezieht sich auf ein Merkmal einer bestimmten Konstituente, welches nicht zu der Position passt, an der sie von der lexikalischen Semantik her stehen sollte, sondern zu einer Position weiter oben im Strukturbaum. Am Beispiel des Satzes "Ich frage mich, was Anna erwartet hat" wurde die Bedeutung des Begriffs Bewegung nochmals verdeutlicht. So sollte die Phrase [was] als Objekt von erwartet Bestandteil der VP sein, jedoch ist die Phrase in Bezug auf die Satzart ein Fragesatz und sollte in dieser Eigenschaft die Spezifikatorposition des Satzkerns C° einnehmen.
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Aus dieser Grundannahme heraus ergibt sich die These, dass dieser Konflikt durch Verkettung beider Positionen gelöst wird; bei Sichtbarkeit der Phrase an der oberen Position spricht man dann von Bewegung. Desweiteren wird zwischen offener Bewegung (overt movement) und verdeckter Bewegung (covert movement) unterschieden, wobei bei der verdeckten Bewegung das sichtbare sprachliche Material an einer Position weiter unten im Strukturbaum stehen bleibt. Im Hinblick auf das Phänomen der Bewegung unterscheidet man weiterhin zwei Unterarten, die mit A-Bewegung und A'-Bewegung (Non-A-Bewegung) bezeichnet werden. Während die A-Bewegung die Bewegung an eine Argumentposition beschreibt, bezieht sich die Non-A-Bewegung auf alle übrigen Bewegungen. Eine Art der letztgenannten Bewegung ist die Bewegung ins Vorfeld. Diese betrifft Phrasen, auf die bestimmte Topikalisierungsebenen zutreffen. Neben dieser Form der Bewegung ins Vorfeld gibt es noch die so genannte w-Bewegung, bei der Phrasen mit einem w-Wort, wie Interrogativa oder Relativa, bewegt werden.
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Die Konstituenten können innerhalb eines Strukturbaums allerdings nicht beliebig bewegt werden, da sie Lokalitätsbeschränkungen unterliegen. Der Weg durch den Strukturbaum von der End- bis zur Ausgangsposition muss nachvollziehbar sein, deshalb wird die Bewegung mit dem Konzept der Spur (trace) formalisiert. Eine wichtige Beschränkung ist dabei, dass ein bewegtes Element immer nur einen Schritt im Baum aufwärts und dann abwärts bewegt werden kann. Es gibt aber auch Möglichkeiten, diese Beschränkung zu umgehen. So wird bei der so genannten Rattenfängerkonstruktion nicht die Phrase bewegt, nach der gefragt wird, sondern die übergeordnete Phrase. Eine weitere Möglichkeit ist die der Extraktion, die dann eintritt, wenn die übergeordnete Phrase eine enge Beziehung mit dem Verb eingeht.
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Die Lokalitätsbeschränkungen werden in der Fachliteratur als Leerkategorienprinzip (= Empty Category Principle, ECP) diskutiert. Bei Andrew Radford gibt es keine Erklärung für das ECP. Als Pendant dazu nennt er das Attract Closest Principle (ACP). Dieses Prinzip ist, bis auf einige Ausnahmen, auch auf das Deutsche anwendbar. Obwohl das ACP eine mögliche Ersatzlösung für das ECP darstellen könnte, gibt es immer noch eine Restmenge an Problemen, die es zu bewältigen gilt.
5. Juli 2007
Thema: Vorfeldbewegung, w-Bewegung
Referat: Wiebke Jaskolka
Protokoll (Version II): Kerstin Bettzieche
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Thema der Sitzung vom 05. Juli waren die Vorfeldbewegungen und die w-Bewegungen.
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Zunächst wurde der Begriff Bewegung erläutert: eine Konstituente im Satz weist ein Merkmal auf, das nicht zu der Position passt, an der sie steht, sondern zu einer anderen weiter oben im Strukturbaum. Im Beispiel: Ich frage mich, was Anna erwartet hat. Die Phrase was sollte Bestandteil der VP von erwartet sein, ist aber eine Phrase eines Fragesatzes und sollte deshalb die Spezifikatorposition C° einnehmen. Daher entstand die These, dass dieses Problem durch Verkettung gelöst wird.
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Herr Gallmann äußerte, dass in der Standardsprache Relativsätze stets mit Pronomen gebildet werden.
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Ist die Phrase an der oberen Position sichtbar, spricht man von offener Bewegung (overt movement), ist die sichtbare Phrase an einer Stufe weiter unten im Strukturbaum stehen geblieben, spricht man von verdeckter Bewegung (covert movement). Das leere Element wird mit t für trace (Spur) gekennzeichnet.
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Spuren entstehen durch Kopieren und Löschen, ebenso kann es Zwischenspuren geben.
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Weiterhin wird zwischen A-Bewegung, welche eine Bewegung an die Argument (Subjekt oder Objekt) – Position beschreibt und A'-Bewegung, die alle übrigen Bewegungen bezeichnet, unterschieden. Eine davon kann die Bewegung ins Vorfeld sein, die Topikalisierung und die w-Bewegungen (Bewegung mit "W-Worten", Interrogativ- oder Relativpronomen). W-Bewegungen sind solche, die Bewegungen von Interrogativa, Relativa, also Fragepronomen oder Pronomen, die Beziehung zum übergeordneten Satz herstellen. Die W-Worte sind objektgebunden. Das W-Wort wird an den Kopf der VP bewegt. Für Verbzweitbewegungen ist nicht geklärt, warum das Interrogativ- oder Relativpronomen im Nebensatz verbleibt und die C-Position leer bleibt, nicht jedoch in Umgangs- und Regionalsprachen. Im Hauptsatz bewegt sich bei Topikalisierung oder w-Bewegung das Verb an die C-Position.
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Bei der Annahme von Spuren, gibt es jedoch Lokalitätsbeschränkungen für die Bewegung. Ein Element kann nur einen Schritt aufwärts, dann abwärts bewegt werden (c-kommandiert), ohne eine Barriere, jede XP fungiert als Barriere. Jedoch gilt das nicht strikt: Es gibt einmal als Erklärungsansatz die Rattenfängerkonstruktion, bei der die übergeordnete Phrase bewegt wird und nicht die, nach der gefragt wird. Weiterhin wird die Möglichkeit der Extraktion gebildet, bei der eine übergeordnete Phrase eine enge Verbindung mit dem Verb eingeht. Weiterhin gibt es noch das sogenannte Stranding, wobei ein Komplement aus einer PP extrahiert wird, dies kommt im Englischen und regionalem Deutsch vor.
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Radford konstruiert das Attract Closest Principle, wonach C in vielen W-Fragen die Bewegung des "closest wh-expression" anzieht und es c- kommandiert.
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Boscovic/Lasnik entwickelt die Copy-Theory. Trotzdem können nicht alle Phänomene erklärt werden.
12. Juli 2007
Thema: Gespaltene Projektionen
Referat: Kerstin Bettzieche
Protokoll: Oliver Glaß
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Heute interessiert uns das Ziel der aus den vergangenen Veranstaltungen besprochenen w-Bewegungen. Im Beispielsatz "…that no other colleague would he turn to" standen wir vor dem Problem, dass es eine NP und einen Kopf zuviel gibt. Eine Möglichkeit wäre eine IP-Verdoppelung. Rizzi, ein Vertreter der CP-Spaltungshypothese versucht dies durch seine funktionalen Kategorien in den Griff zu bekommen. Es werden weitere funktionale Schichten eingeführt, die auch für das Deutsche relevant sein können. Hierbei werden die Komplementäre nach ihrer Rolle bestimmt. Das geschieht bei VPs, NPs und CPs.
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Spaltung der CPs: Aufgeteilt werden die Phrasen in unterschiedliche Typen, die fakultativ (FocP und TopP) auftreten oder leer sein können (ForceP). Die FocP bewegt die Konstituente in den Fokus, indem sie an den Beginn des Satzes gestellt wird um sie zu betonen. In ja/nein-Fragen wird für die FocP eine Nullstelle angenommen. Die ForceP beschäftigt uns
nur bei "if"- oder "that"-Sätzen. Diese bekommen dadurch einen interrogativen Charakter. Bei der TopP bezieht sich der Topikausdruck auf vorangegangene Informationen. Die TopP ist aber einer FocP unterlegen, da neue Informationen durch sie ja meist verstärkt werden. Der letzte Typ der CP-Spaltung ist die FinP, bei der infinite Komplementäre (Präpositionspartikel) den head der FinP besetzen. Das Komplement zeigt dabei an, ob die Phrase finit ist, oder nicht.
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Spaltung der VPs in zwei oder mehrere Projektionen: Für die VPs wird ein Innerer Kern angenommen, der vom lexikalischen Verb geführt wird und einer äußeren Hülle, die von einem light- (meist Hilfs-)Verb geführt wird. Außerdem werden noch zusätzliche Projektionen mit zwei intransitiven Verbphrasen vorausgesetzt. Im Beispiel "he rolled the ball" ist "roll" der innere Kern der Konstruktion. Als Hülle muss nun aber noch ein verstecktes "make" angenommen werden. Da binäre merge-Kombinationen vorausgesetzt werden wird das light-Verb als Nullstelle mitgemerged.
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Der Versuch die Zerlegung der NPs ist schlecht nachvollziehbar
und nicht auf das Deutsche zu übertragen.
19. Juli 2007
Thema: Zyklizität / Rückblick und Ausblick
Referat: Elisabeth Renker
Protokoll (Version I): Claudia Rudolph
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Die Sitzung vom 19.07.2007 beschäftigte sich mit dem Thema Zyklizität. Chomsky geht davon aus, dass die Satzstruktur aus Phasen besteht, die sich äquivalent auf den bisher verwendeten Begriff der Phrase übertragen lassen. Am Ende jeder Phase findet eine Verlagerung zu phonologischen und semantischen Komponenten statt. Danach ist sie ein abgeschlossener Teil des Satzes und syntaktischen Operationen unzugänglich. Die fertiggebildeten Schichten schließen CPs und transitive Verbphrasen ein. Das bedeutet, dass eine CP einen kompletten kausalen Komplex und eine VP einen vollständigen thematischen Komplex verkörpert.
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Die Geschlossenheit im System der Phase spiegelt die Phasen-Unzugänglichkeitsbedingung (PIC) wieder: Das c-kommandierte Feld des Schichtheads ist unpassierbar für eine externe Sonde. Die Phase wurde in einem Merkmalsausgleich lexikalisch geformt und gefüllt und ist damit für weitere Prozesse oder Beziehungen unantastbar. Danach tritt die Verlagerungsregel hervor, welche die Verarbeitung zu dem semantischen und phonologischen Komponenten der Ableitung beschreibt. Als Beispiel stellte die Referentin den Satz: "Will Ruritania withdraw troops from Utopia?" vor.
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Ausnahmen der Phasen sind ACI, NCI und intransitive Satzteile. Diese Abschnitte sind nicht geschlossen. Folglich sind die wichtigen vP und TP- Bestandteile noch in der Syntax zugänglich an dem Punkt, wo das Verb in die Ableitung eingeführt wird und so zur aktiven Sonde erscheint. Das Verb sucht nach einem erreichbaren, aktiven Ziel um sich zu definieren. In dem Beispiel: "There are thought by some remain numerous problems in Utopia." ist "numerous problems” die TP, welche für das Verb "be” die dritte Person Plural festlegt.
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Die Zyklizität der Phasen hat Auswirkungen auf die wh-Bewegungen: Zu jeder Zeit wird ein neuer Phasenkopf in die Struktur eingeführt. Dieser dient als Instrument, welches das nächste wh-Ziel auf sich zieht, um sich in dessen Spezifikatorposition zu bewegen.
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In transitiven Sätzen unternehmen wh-Bewegungen über große Entfernungen zyklische Bewegungen. Diese Operationen erfordern Zwischenlandeplätze (spec-CP-Positionen).
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Abschließend gab Herr Gallmann ein Resümee über die behandelten Theorien in den laufenden Seminarsitzungen. Alle richten sich auf eine elementare Basis, die den Aufbau der Sätze untersucht und wie sie zustande kommen. Die wechselnde Terminologie in den Ansätzen ist dabei ein Beitrag für die Kreativität. Der Anspruch aller Annahmen versteht sich als universalistisch, da die Prüfung sich auf Sätze in allen Sprachen richten will. Insgesamt ist eine Entwicklung als vor 50 Jahren festzustellen.
19. Juli 2007
Thema: Zyklizität / Rückblick und Ausblick
Referat: Elisabeth Renker
Protokoll (Version II): Eric Köhler
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In der Sitzung am 19. Juli 2007 beschäftigten wir uns mit dem Thema Zyklizität und Phasen. Die Referentin begann damit, zu erläutern, was unter Chomskys Begriff Phasen zu verstehen ist. Demnach bestehen alle Satzstrukturen aus Phasen und am Ende jeder Phase findet ein Transfer zu phonologischen und semantischen Komponenten statt. Zudem besteht in allen Satzstrukturen eine Relation zwischen probe (P) und goal (G). Dabei kann es für eine probe auch mehrere local goals geben.
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Weiterhin erklärte die Referentin, dass nach Chomsky der Begriff Phasen auch CP und transitive Verbphrasen, d.h. Verbphrasen mit einem externen Argument, einschließen. Nachdem alle syntaktischen Operationen innerhalb einer gegebenen Phase vollständig abgeschlossen wurden, ist der Bereich dieser Phase für c-kommandierende Phasen und weitere somit für weitere Operationen unzugänglich. Daraus leitet sich die Phasen-Unzugänglichkeitsbedingung (PIC) ab. Diese besagt, dass das c-kommandierte Gebiet des Phasen-head für eine externe probe unzugänglich ist. Die Referentin begründete die PIC mit Chomskys Argumentation, dass eine einmal geformte Phase eine Verlagerungsoperation erfährt und gleichzeitig zur phonologischen Komponente geschickt wird, wo ihr eine phonetische Repräsentation zugewiesen wird. Eine CP, welche geformt und zur Verarbeitung zur phonologischen Komponente geschickt wurde, ist für weitere Operationen innerhalb der übergeordneten TP nicht zugänglich und somit kann keine probe eine Beziehung mit dieser CP eingehen, da diese innerhalb der Satzstruktur nicht länger sichtbar ist. Auf die Frage was eine TP ist, antwortete Prof. Gallmann, dass es sich um eine tempus phrase handelt, die der inflection phrase (IP) entspricht.
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Im Anschluss an diese kurze Unterbrechung stellt die Referentin die beiden Transfer-Regeln vor. Die Erste besagt, dass am Ende jeder Phase das Feld einen transfer erfährt. Die zweite besagt, dass am Ende der gesamten Ableitung alle übrigen Komponenten einen transfer erfahren. Diese Regeln verdeutlichten wir uns anhand des Beispiels "Will Ruritania withdraw troops from Utopia?"
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Als nächstes beschäftigten wir uns mit itransitiven Satzteilen und AcI- und NcI-Konstruktionen. Letztere wurden von der Referentin versehentlich als "fehlerhafte" Satzteile übersetzt, was jedoch auf Nachfrage von Prof. Gallmann korrigiert wurde. Wir stellten fest, dass weder intransitive Satzteile noch AcI- und NcI-Konstruktionen Phasen sind und somit eine andere Struktur vorliegt. Dies wurde von der Referentin an dem Beispiel "There are thought by some remain numerous problems in Utopia" verdeutlicht.
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Anschließend wendeten wir das Phasenmodell noch im Bezug auf wh-Bewegung durch Spec-CP an. Die Referentin erläuterte mit Unterstützung durch Prof. Dr. Gallmann, dass die wh-Bewegung zyklisch über Zwischenlandeplätze erfolgt. Kritisiert wurde an diesem Modell die Annahme, dass that ein interrogatives Merkmal besitzt. Prof. Gallmann bezeichnete dies als eine sprachlich "unelegante" Lösung. Auch hier erklärte die Referentin die Theorie anhand des Beispiels "Where is it thought that he will go?".
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Der letzte Bereich des Referates beschäftigte sich mit wh-Bewegung durch Spec-vP in transitiven Sätzen. Die wh-Bewegung erfolgt hier ebenfalls durch Zwischenlandungen auf dazwischen liegenden Spec-vP-Positionen. Dieser Sachverhalt wurde anhand des Satzes "What have they done?".
19. Juli 2007
Thema: Zyklizität / Rückblick und Ausblick
Referat: Elisabeth Renker
Protokoll (Version III): Andrea Zahn
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In unserem letzen Seminar ging es hinsichtlich des Themas der Zyklizität zuerst um die Phasen, aus denen sich die Satzstruktur zusammenfügt. Somit sind sie als Unterarten der Phrasen anzusehen. Nach Chomsky beinhalten die "proportionalen" Phasen die CP, die einen vollständig kausalen Komplex darstellen, und die v*P, die einen vollständig thematischen Komplex repräsentieren. Letztere sind transitive Verbphrasen mit einem externen Argument. Die Sonde sucht dabei die Nähe eines Zieles, zu dem die Beziehung lokal sein muss, damit die Suche minimiert wird. Wenn also x als Phase operationell vervollständigt wurde, wird y als Gebiet der Phase gesperrt und damit sind jegliche syntaktische Zugriffe nicht mehr möglich. Die Merkmale müssen demnach aufeinander passen. Zu diesem Thema gibt es die PIC – die Phasen-Unzulänglichkeitsbedingung, welche die Unzugänglichkeit des c-kommandierten Gebiets des Schicht-heads für eine externe Sonde definiert. Das meint ein Ziel, welches c-kommandiert wird vom head einer Phase und unzugänglich für jede beliebige, die Phase c-kommandierende Sonde ist. Wenn eine Phase komplett ist – die Sonde ihr Ziel gefunden hat – wird das Phasenkopfgebiet keine weiteren Sonden mehr aufnehmen, da das Phasengebiet am Ende eine Verlagerung durchläuft. Die bedeutende Struktur des Gebietes gelangt zur phonologischen Komponente, um ihre phonetische Repräsentation zugeschrieben zu bekommen. Von da an ist das Gebiet gesperrt. Dann ist z.B. eine TP nicht mehr sichtbar und kann somit kein Ziel mehr für eine höhere Sonde sein. Auch wenn die Sonde die CP c-kommandiert ist die TP mit ihr unverbindbar. Das Feld, das Phasenkopf-Komplement, erfährt am Ende jeder Phase eine Verlagerung und andererseits erfahren alle übrigen Komponenten eine Verlagerung am Ende der gesamten Ableitungen. Am Beispiel der Ruritanier zeigte sich, dass letztendlich der eine Kopf zum anderen strebt.
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Bei den intransitiven (NCI/ACI) und fehlerhaften Satzteilen gibt es andere Strukturen, da Erstere einen vP ohne externes Argument besitzen und letztere TP ohne CP-Projizierung sind. Beide sind also keine Phasen und bestimmen auch keine. An unserem Beispiel (There are thought by some to remain numerous problems in Utopia) sahen wir, wie sich die Verbphrase bildete und sich mit dem 0-Kopf vereinigte. Das Verb wurde angezogen, um dem Kopf zu folgen. Die aktive Sonde SEIN sucht nach ihrem Ziel und findet im Bsp. (11) im Buch gleich 2 Ziele. Die QP, die wegen ihren uninterpretierbaren Komponenten aktiv ist, und die PP. Die Sonde findet da, wo es mehrere Ziele gibt, jedes passende Ziel und löscht uninterpretierbare Merkmale. Daher zieht sie jedes in Betracht. Letztendlich sind die wichtigen vP- und TP-Bestandteile in der Syntax noch da zugänglich, wo SEIN in die Ableitung tritt und dabei die Übereinstimmung mit numerous problems möglich wird.
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Die Wh-Bewegung durch spec-CP wird von diesen Satztheorien maßgeblich beeinflusst. Anhand der Beispiele zeigte sich, dass die Theorie annimmt, dass sich die W-Bewegung zyklisch vollzieht, wobei die untere CP als Zwischenlandeplatz dient. In dieser aufeinanderfolgenden zyklischen Form der A-Strukturbaumbewegungs-operation wird zu jeder Zeit ein neuer Phasenkopf eingeführt. Dieser dient als Sonde, die das nächste wh-Ziel anzieht und sich dann in seiner Spezifikatorposition bewegt.
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Bei der Wh-Bewegung durch spec-VP in transitiven Sätzen ergab sich, dass die transitive kleine VP eine Phase ist, die noch einen Zwischenlandeplatz mehr benötigt, wobei dann schrittweise die Satzstrukturen darauf aufgebaut werden. Es wird angenommen, dass die CPs Phasen sind, also brauchen die wh-Bewegungen eine weitreichend aufeinanderfolgende zyklische Bewegung eines bewegten wh-Ausdruckes durch die in der Mitte befindlichen spec-CP-Positionen als Zwischenlandung. Wenn transitive vPs ebenfalls Phasen sind, bedeutet das, dass die wh-Bewegung in Strukturen mit ein oder mehreren transitiven vPs ebenso den Zwischenlandeplatz der spec-vP-Position, die in der Mitte liegt, passieren muss. In transitiven Sätzen haben A-Baumstrukturbewegungen eine Bewegung durch spec-vP nach spec-CP.